Leitsatz

Zu den Voraussetzungen einer Verwertungskündigung zum Zweck der Veräußerung einer im vermieteten Zustand unrentablen und nicht oder nur unter erheblichem Preisabschlag verkäuflichen Immobilie.

 

Sachverhalt

Der Mieter hatte 1953 ein Einfamilienhaus von einem volkseigenen Betrieb der ehemaligen DDR gemietet, welcher damals unter staatlicher Verwaltung stand. 1992 endete die staatliche Verwaltung, eine Erbengemeinschaft trat in das Mietverhältnis ein. Diese kündigte dem Mieter 2007 mit der Begründung, sie beabsichtigte, das verlustbringende Mietobjekt zum Zweck der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu veräußern. Der BGH erklärt die Kündigung für wirksam. Es ist abzuwägen, ob dem Eigentümer bei Fortbestehen des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB erleiden würde oder ob dem Bestandsinteresse des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, vorgeht. Das Berufungsgericht muss nun Feststellungen treffen zu der behaupteten Unrentabilität des Grundstücks, zur Höhe des Mindererlöses bei einem Verkauf im vermieteten Zustand beziehungsweise zur Unverkäuflichkeit im vermieteten Zustand und gegebenenfalls zu den vom Mieter geltend gemachten Härtegründen.

 

Entscheidung

Der BGH stellt klar, dass die Sozialpflichtigkeit des Eigentums dem Vermieter einen Anspruch auf Gewinnoptimierung verwehrt. Die dem Vermieter entstehenden Nachteile dürfen jedoch keinen Umfang annehmen, welcher die Nachteile weit übersteigt, die dem Mieter im Falle des Verlustes der Wohnung erwachsen. Der BGH führt zum Kriterium des "erheblichen Nachteils" im Sinne der Vorschrift aus: Dass das Grundstück in einem schlechten und unrentablen Zustand oder im Erbgang erworben wurde und seither keine wesentliche Verschlechterung vorliegt, schließt einen erheblichen Nachteil nicht aus. Der Gesetzgeber habe den Interessen der Mieter ehemals staatlich verwalteter Wohnungen dadurch Rechnung getragen, dass bis zum 30. April 2004 eine Verwertungskündigung nicht möglich war.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 08.06.2011, VIII ZR 226/09BGH, Urteil vom 8.6.2011 – VIII ZR 226/09

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge