Leitsatz

Allein der Umstand, dass die Vermittlungsperson nicht lediglich ein Versicherungsunternehmen, sondern mehrere Versicherer anbietet, macht sie noch nicht zum Versicherungsmakler. Als solcher kommt eine Vermittlungsperson in Betracht, mit der der künftige Versicherungsnehmer eine vertragliche Bindung auf Wahrnehmung der eigenen Interessen bei der sachgerechten Abdeckung seines Risikos und der Auswahl des geeigneten Versicherers eingeht (vorliegend verneint).

 

Sachverhalt

Der Kl. wurde durch TV-Werbung mit der Frage konfrontiert, ob sein ungekündigt bestehender privater Krankenversicherungsschutz zu teuer sei. Über einen Anruf bei der angegebenen Telefonnummer kam er letztlich in Kontakt mit dem Streithelfer, der bei einem Unternehmen beschäftigt war, das Versicherungen vermittelte. Bei einem Besuch des Streithelfers unterzeichnete der Kl. einen Versicherungsantrag an die Bekl., den der Streithelfer zuvor aufgrund des Gesprächs mit dem Kl. ausgefüllt hatte. Der bestehende Versicherungsschutz wurde vom Kl. gekündigt.

Die Parteien stritten über den Bestand des Versicherungsschutzes, weil im schriftlichen Antrag weder die Schwerbehinderung des Kl. angegeben worden war noch, dass er an Harnleiter- und Nierensteinen litt. Der Kl. behauptete, dem Streithelfer diese Umstände mündlich mitgeteilt zu haben. Die Bekl. brachte vor, der Streithelfer habe als Versicherungsmakler gehandelt. Sein Wissen sei ihr nicht zuzurechnen.

 

Entscheidung

Die Berufung blieb ohne Erfolg.

Das OLG führt aus, das LG habe der Feststellungsklage des Kl. auf Fortbestand seines Krankenversicherungsschutzes bei der Bekl. stattgegeben und die Widerklage auf Rückzahlung erbrachter Krankenversicherungsleistungen abgewiesen mit der im Ergebnis zutreffenden Begründung, die Bekl. könne sich nicht auf einen wirksamen Rücktritt vom Versicherungsvertrag gemäß § 20 VVG stützen und sei auch nicht berechtigt, gemäß § 22 VVG wegen arglistiger Täuschung anzufechten.

Die Bekl. habe schon keine wirksame Rücktrittserklärung dargelegt. Sie berufe sich auf ein Rücktrittschreiben vom 29.7.1998, welches auf der Basis der der Beklagten angeblich am 13.7.1998 mitgeteilten Umstände verfasst sein solle. Bereits im ersten Rechtszug habe der Kl. bestritten, dass die namentlich nicht genannten Unterzeichner dieses Schreibens zur Abgabe einer Rücktrittserklärung bevollmächtigt seien. Auch im zweiten Rechtszug habe der Kl. unter Bezugnahme auf den Vortrag der Bekl., die Unterzeichner seien gemäß § 49 HGB zur Abgabe derartiger Erklärungen bevollmächtigt, bestritten, dass die nicht näher bezeichneten Unterzeichner im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung Prokura gehabt hätten. Die Erteilung der Prokura habe die Kl. nicht bewiesen. Mangels Benennung der Unterzeichner war es auch nicht möglich, die Frage durch Einholung einer Handelsregisterauskunft zu klären.

Damit sei für die Entscheidung davon auszugehen, dass die Erklärung vom 29.7.1997 von den Unterzeichnern ohne Vertretungsmacht abgegeben worden sei und die Rücktrittserklärung gemäß § 180 BGB keine Wirksamkeit entfaltet habe. Offen bleiben könne, ob eine Gestaltungserklärung wie die Rücktrittserklärung unter den Voraussetzungen des § 180 Satz 2 BGB über eine entsprechende Anwendung von § 177 BGB der Genehmigung durch nachträgliche Erklärung des Geschäftsherrn zugänglich sei. Handele es sich nämlich - wie hier - um ein fristgebundenes Rechtsgeschäft, so müsse die Genehmigung innerhalb der Frist erfolgen. Eine rechtzeitige Genehmigung sei hier nicht dargetan.

Das LG sei im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rücktrittsrechts gemäß §§ 16, 17 VVG nicht nachgewiesen habe. Der Entscheidung sei daher zugrunde zu legen, dass dem Streithelfer bei Aufnahme des Versicherungsantrags gerade die Umstände mitgeteilt wurden, auf deren Verschweigen der Rücktritt gestützt werde.

Dieses Wissen des Streithelfers müsse sich die Bekl. zurechnen lassen. Das LG stütze diese Wissenszurechnung im Ergebnis zutreffend auf die Auge-und-Ohr-Rechtsprechung des BGH (r+s 88, 123). Danach komme es, falls der Versicherungsantrag nicht vom Versicherungsnehmer, sondern von einem Versicherungsvermittler aufgrund der Befragung des Antragstellers ausgefüllt worden sei, nicht auf die schriftlich niedergelegten Antworten an, sondern auf das, was der Versicherungsnehmer bei Antragstellung dem Vermittler mitteile.

Im Grundsatz zutreffend habe die Bekl. beanstandet, dass das LG bei Anwendung dieser Rechtsprechung übersehen habe, dass eine derartige Wissenszurechnung dann nicht anzunehmen sei, wenn der Versicherungsnehmer bei Anbahnung der Versicherung einen Versicherungsmakler eingeschaltet habe. Voraussetzung einer Wissenszurechnung sei nämlich, dass der Versicherer den Vermittler zur Entgegennahme von Erklärungen bevollmächtige, zumindest ihn damit im Sinne von § 43 Nr. 1 VVG betraut habe. Bei einem Versicherungsmakler ergebe sich dies nicht bereits aus der Tatsache, dass der Vermittler Antragsformulare des Vers...

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