Leitsatz

  1. Gültiger Zweitbeschluss nur bei Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse in einem wesentlichen Punkt
  2. Berücksichtigung schutzwürdiger Belange aus Inhalt und Wirkungen eines Erstbeschlusses (hier: zur Kostenverteilung instandsetzungsbedürftiger Ladenfenster)
 

Normenkette

§ 16 Abs. 2 und 4 WEG

 

Kommentar

  1. 2008 hatte die Gemeinschaft Erneuerung der Fenster eines Laden-Teileigentums durch Finanzierung aus der Instandhaltungsrücklage im Sinne des allgemeinen Kostenverteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 2 WEG beschlossen und ausdrücklich keinen Gebrauch von der Möglichkeit qualifizierter Beschlussfassung nach § 16 Abs. 4 WEG zulasten des Ladeneigentümers gemacht. Ein Jahr später wurde dann gemäß § 16 Abs. 4 WEG beschlossen, dass die Wohnungs- und Teileigentümer der betreffenden Einheiten die Kosten von Fensterreparaturen bzw. -erneuerungen selbst zu tragen hätten. Die Anfechtung des Ladeneigentümers zu diesem Zweitbeschluss hatte Erfolg.
  2. Der vorausgehende Beschluss (aus 2008) mit Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2 WEG hatte dem Kläger eine günstige Rechtsposition verschafft. Diese können die Eigentümer dem Kläger nicht ohne sachlichen Grund entziehen. Ein solcher Grund ist auch nicht darin zu sehen, dass Eigentümer in Verkennung der Rechtslage solche Kosten bisher selbst getragen haben. Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, dass die Rechtmäßigkeit des Zweitbeschlusses keinen besonderen Schranken unterliege (so Jennißen/Elzer, WEG, vor §§ 23–25, Rn. 113 ff.), kann dem nicht gefolgt werden, da diese Ansicht zur Folge hätte, dass die Einwendungsausschlusswirkung der Anfechtungsfrist nach §§ 23 Abs. 4 und 46 WEG, die dem Rechtsfrieden der Gemeinschaft diene, fortan praktisch ins Leere liefe. Die nachträgliche Änderung eines im Erstbeschluss bestandskräftig festgelegten Verteilerschlüssels kann daher nur dann Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse seit dem Zeitpunkt des Erstbeschlusses zumindest im einem wesentlichen Punkt verändert haben sollten (Schmidt, ZMR 2007, S. 913/916). Vorliegend war dies unstreitig nicht der Fall.
 

Link zur Entscheidung

LG Itzehoe, Urteil v. 16.8.2011, 11 S 42/10

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