Leitsatz

Geschiedene Eheleute stritten um den nachehelichen Unterhalt. Kernproblem der Entscheidung war die Frage, ob die Ehefrau trotz der Betreuung zweier gemeinsamer minderjähriger Kinder im Alter von 9 und 11 Jahren zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet ist.

 

Sachverhalt

Der Ehemann war erstinstanzlich zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 177,00 EUR monatlich ab Rechtskraft der Scheidung verurteilt worden. Er beabsichtigte, gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung einzulegen und beantragte für das von ihm beabsichtigte Rechtsmittel Prozesskostenhilfe. Er begründete sein Begehren damit, nach der Neuregelung des Unterhaltsrechts zum 1.1.2008 sei die geschiedene Ehefrau verpflichtet, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wurde zurückgewiesen.

 

Entscheidung

Das OLG sah für das von dem Ehemann beabsichtigte Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil keine Aussicht auf Erfolg.

Die Neuregelung des Unterhaltsrechts zum 1.1.2008 führe nicht dazu, dass der geschiedene Ehegatte nach dem 3. Lebensjahres eines gemeinschaftlichen Kindes sofort vollschichtig arbeiten müsse, selbst wenn entsprechende Möglichkeiten der Kinderbetreuung vorhanden seien. Auch nach neuem Recht sei von einem stufenweisen, an den Kriterien von § 1570 BGB orientierten Übergang in die Vollerwerbstätigkeit auszugehen (Palandt/Brudermüller, Nachtrag zur 67. Aufl. 2008, § 1570 BGB Rz. 11). Dabei komme unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltes aus kindbezogenen und elternbezogenen Gründen in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.2008 - XII ZR 109/05, in Juris eingestellt).

Das erstinstanzliche Gericht habe zu Recht auf den Umstand abgestellt, dass die Ehefrau zwei Schulkinder im Alter von 9 und 11 Jahren zu betreuen habe. Neben den rein schulischen Hilfen kämen weitere Aufgaben durch das Engagement beider Kinder in sportlicher und musikalischer Hinsicht und mit Rücksicht auf ihren Freundeskreis hinzu, die bereits während der Ehe vorhanden und angelegt und von dem Antragsgegner ausdrücklich erwünscht gewesen seien. Allein die dabei geforderte zeitliche, physische und psychische Beanspruchung der Ehefrau lasse eine weitergehende Erwerbstätigkeit als tatsächlich ausgeübt nicht zu.

Hinzu komme, dass die Ehefrau im Schichtdienst und teilweise auch am Wochenende arbeite. Sie müsse deshalb an den arbeitsfreien Nachmittagen der Frühschicht und dem arbeitsfreien Wochenende die Betreuung und Fürsorge der beiden Kinder intensivieren, um den Ausfall an den anderen Tagen und dem Wochenende wegen ihrer Arbeitstätigkeit zu kompensieren. Es sei allgemein anerkannt, dass neben und nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen ein Anteil an der Betreuung und Erziehung der Kinder verbleibe, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sei und vor allem vom Alter der Kinder abhängen könne.

Auch Gründe für eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts gemäß § 1578b BGB sah das OLG nicht.

Insbesondere wegen der Pflege und Erziehung der beiden gemeinsamen Kinder komme eine Herabsetzung nicht in Betracht. Durch den erstinstanzlich zugesprochenen Unterhalt i.H.v. 177,00 EUR monatlich komme die Ehefrau nicht auf ein Einkommen, welches ihr bei vollschichtiger Tätigkeit ohne Betreuung der Kinder möglich wäre. Dem Ehemann verbleibe im Übrigen ausreichend eigenes Einkommen, so dass eine Unbilligkeit nicht vorliege.

Auch die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 2 BGB hielt das OLG für nicht gegeben. Es liege keine bereits verfestigte Lebensgemeinschaft der Ehefrau mit einem neuen Partner vor. Die Beziehung bestehe erst seit April 2007 und somit weniger als zwei Jahre.

 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Beschluss vom 28.08.2008, 4 UF 101/08

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