Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Erwerbsobliegenheit der 2 Kinder im Alter von 9 und11 Jahren allein betreuenden geschiedenen Mutter. Nachehelicher Unterhalt: Verpflichtung der geschiedenen Mutter zweier schulpflichtiger Kinder zur Aufnahme einer Vollerwerbstätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Neuregelung des Unterhaltsrechts zum 1.1.2008 führt nicht dazu, dass der geschiedene Ehegatte nach der Vollendung des dritten Lebensjahrs eines gemeinschaftlichen Kindes sofort vollschichtig arbeiten muss, selbst wenn entsprechende Möglichkeiten der Kinderbetreuung vorhanden sind. Auch nach neuem Recht ist von einem stufenweisen, an den Kriterien von § 1570 BGB orientierten Übergang in die Vollerwerbstätigkeit auszugehen (Palandt/Brudermüller, Nachtrag zur 67. Aufl. 2008, § 1570 BGB Rz. 11). Dabei kommt unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltes aus kindbezogenen und elternbezogenen Gründen in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.2008 - XII ZR 109/05, in Juris eingestellt).

Im vorliegenden Fall war zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin (Unterhaltsberechtigte) 2 Schulkinder im Alter von 9 und11 Jahren zu betreuen hat. Neben den rein schulischen Hilfen durch die Mutter kommen weitere Aufgaben durch das Engagement beider Kinder in sportlicher und musikalischer Hinsicht und mit Rücksicht auf ihren Freundeskreis hinzu, die - was der Antragsteller einräumt - auch bereits während der Ehe vorhanden und angelegt waren und vom Antragsteller (Unterhaltspflichtiger) ausdrücklich erwünscht sind und gefördert werden. Allein die dabei geforderte zeitliche, physische und psychische Beanspruchung der Antragsgegnerin lässt eine weitergehende Erwerbstätigkeit als tatsächlich ausgeübt nicht zu, ist jedenfalls nicht zumutbar und wäre überobligatorisch.

Es kommt vorliegend noch hinzu, dass die Antragsgegnerin im Schichtdienst und teilweise auch am Wochenende arbeitet. Die Antragsgegnerin muss deshalb an den arbeitsfreien Nachmittagen der Frühschicht und dem arbeitsfreien Wochenende die Betreuung und Fürsorge der beiden Kinder intensivieren, um den Ausfall an den anderen Tagen und dem Wochenende wegen ihrer Arbeitstätigkeit zu kompensieren.

Es ist allgemein anerkannt, dass neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen ein Anteil an der Betreuung und Erziehung der Kinder bei dem betreuenden Elternteil verbleibt, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein, vor allem aber vom Alter des Kindes abhängen kann (vgl. BGH, a.a.O., = Juris Rz. 103). Auch die Inanspruchnahme der überwiegend vom Jugendamt der Stadt Wesseling bezahlten Kinderfrau ändert nichts daran, dass die Antragsgegnerin neben ihrer 2/3-Stelle als Schwimmmeisterhelferin persönlich immer wieder gefordert ist und für ihre beiden Kinder "da sein" muss.

 

Normenkette

BGB § 1570

 

Verfahrensgang

AG Brühl (Urteil vom 14.05.2008; Aktenzeichen 32 F 387/06)

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des AG - FamG - Brühl vom 14.5.2008 - 32 F 387/06 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Antrag war unabhängig von den finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers, die vor allem im Hinblick auf die verschiedenen Darlehen nicht geklärt sind, als unbegründet zurückzuweisen.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das AG hat den Antragsteller zu Recht gem. §§ 1570, 1578 BGB auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt i.H.v. 177 EUR monatlich ab Rechtskraft der Scheidung verurteilt. Auf die zutreffenden Gründe im Urteil des FamG (S. 8 bis 10 unter III.) wird Bezug genommen.

1. Entgegen der Ansicht des Antragstellers führt die Neuregelung des Unterhaltsrechts zum 1.1.2008 nicht dazu, dass der geschiedene Ehegatte nach dem dritten Lebensjahr eines gemeinschaftlichen Kindes sofort vollschichtig arbeiten muss, selbst wenn entsprechende Möglichkeiten der Kinderbetreuung vorhanden sind. Auch nach neuem Recht ist von einem stufenweisen, an den Kriterien von § 1570 BGB orientiertem Übergang in die Vollerwerbstätigkeit auszugehen (Palandt/Brudermüller, Nachtrag zur 67. Aufl. 2008, § 1570 BGB Rz. 11). Dabei kommt unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltes aus kindbezogenen und elternbezogenen Gründen in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.2008 - XII ZR 109/05, in Juris eingestellt).

Im vorliegenden Falle hat das AG zu Recht auf den Umstand abgestellt, dass die Antragsgegnerin 2 Schulkinder im Alter von 9 und11 Jahren zu betreuen hat. Neben den rein schulischen Hilfen durch die Mutter kommen weitere Aufgaben durch das Engagement beider Kinder in sportlicher und musikalischer Hinsicht und mit Rücksicht auf ihren Freundeskreis hinzu, die - was der Antragsteller einräumt - auch bereits während der Ehe vorhanden und angelegt waren und vom Antragsteller ausdrücklich erwünscht sind und gefördert werden. Allein die dabei geforderte zeitliche, physische und psychische Be...

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