Leitsatz

Kernpunkt des zwischen geschiedenen Eheleuten geführten Rechtsstreits waren die unterschiedlichen Auffassungen der Parteien zu der Frage, inwieweit sich die Beklagte durch ein außergerichtliches Schreiben im September 1999 zur Reduzierung der Höhe des an sie zu zahlenden nachehelichen Unterhalts gebunden hatte oder sie berechtigt war, im Falle veränderter Verhältnisse eine Anpassung des Unterhalts nach oben und damit einhergehend auch eine Vollstreckung aus dem Ausgangstitel zu betreiben.

Ferner ging es um die Frage der zeitlichen Begrenzung des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt.

 

Sachverhalt

Die Parteien hatten im Juli 1970 geheiratet. Aus der Ehe war eine im Jahre 1979 geborene Tochter hervorgegangen. Die Parteien trennten sich im Februar 1997. Der Scheidungsantrag des Ehemannes wurde der Ehefrau im August 1998 zugestellt. Die Ehe wurde im April 1999 geschieden. Die gemeinsame Tochter der Parteien hatte zunächst eine Ausbildung zur Krankenschwester begonnen und studierte seit dem Wintersemester 2002/2003 Medizin. Sie lebte im Haushalt ihrer Mutter.

Anlässlich des Termins zur Ehescheidung hatten die Parteien beim FamG am 28.4.1999 einen Scheidungsfolgenvergleich geschlossen, wonach der Ehemann sich verpflichtete, an die Ehefrau nachehelichen Unterhalt i.H.v. 1.990,00 EUR zu zahlen. Zur Begründung hierfür bezogen sich die Parteien auf die Berechnung des Gerichts, die als Anlage zu Protokoll genommen wurde. Beiden Parteien blieb eine Abänderung bei Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse vorbehalten. Für diesen Fall sollte der Unterhalt neu berechnet werden.

Der Kläger verfolgte das Ziel, die Zwangsvollstreckung aus der Ehescheidungsfolgenvereinbarung vom 28.4.1999 für die Zeit ab 1.4.2004 hinsichtlich des einen Monatsbetrag von 463,74 EUR übersteigenden Unterhalts für unzulässig zu erklären. Hilfsweise begehrte er Feststellung, dass seine Unterhaltsverpflichtung für die Zeit ab 1.1.2004 in Abänderung des Vergleichs lediglich 463,74 EUR monatlich betrage.

Das FamG hat unter Zurückweisung der weitergehenden Klage auf den Hauptantrag des Klägers die Zwangsvollstreckung aus dem Scheidungsfolgenvergleich vom 28.4.1999 "gemäß dem Anerkenntnis der Beklagten" für die Zeit ab 1.4.2004 hinsichtlich eines den Monatsbetrag von 740,27 EUR übersteigenden Betrages für unzulässig erklärt und auf den Hilfsantrag des Klägers festgestellt, dass der Kläger der Beklagten in Abänderung des Scheidungsfolgenvergleichs zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von 608,66 EUR monatlich für den Zeitraum vom 1.1.2004 bis zum 30.4.2005 und i.H.v. 600,66 EUR monatlich für die Zeit ab dem 1.7.2005 verpflichtet sei.

Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter verfolgte, zuletzt beschränkt auf den Zeitraum bis zum 29.2.2008.

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger für die Zeit ab 1.5.2009 nachehelichen Unterhalt nicht mehr zu leisten habe. Der Anspruch der geschiedenen Ehefrau auf Aufstockungsunterhalt sei zeitlich bis zum 30. April 2009 zu begrenzen.

Nach § 1578b Abs. 1, Abs. 2 BGB könne ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnisse orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs oder die Zubilligung eines zeitlich unbegrenzten Unterhaltsanspruchs unbillig wäre. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen.

Das OLG hielt einen zeitlich uneingeschränkten Unterhaltsanspruch der Beklagten gegen den Kläger für unbillig. Es gelte beim nachehelichen Unterhalt der Grundsatz der Eigenverantwortung, wonach jeder Ehegatte nach der Scheidung für seinen Unterhalt selbst verantwortlich sei. Gleichwertig daneben stehe allerdings der Grundsatz der nachwirkenden Mitverantwortung des wirtschaftlich stärkeren Ehegatten für den anderen als Fortwirkung der ehelichen Solidarität. Weiter sei vorliegend zu berücksichtigen, dass eine - hier in Bezug auf eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts in Rede stehende - Abänderung einer Unterhaltsregelung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar sein müsse.

Die Dauer der Ehe der Parteien stehe einer Begrenzung des Unterhalts nicht entgegen. Ergebe sich der zu einem Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB dem Grunde nach führende Einkommensunterschied nicht aus ehebedingten Nachteilen, sei eine Befristung auch bei langer Ehedauer nicht von vornherein ausgeschlossen, könne aber unter Berücksichtigung des Alters des Ehegatten unzumutbar sein, wenn dieser sich auf einen höheren Lebensstandard eingestellt habe. Eine lebenslange Teilhabe am ehelichen Lebensstandard sei nur bei einer sehr langen Ehedauer anzuerkennen, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen habe....

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