Leitsatz

Im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung des BGH zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen spielen auch die - tatsächlichen oder hypothetischen - Einkünfte der jetzigen Ehefrau des Unterhaltspflichtigen eine Rolle. In der Praxis stellte sich häufig die Frage, zu wessen Lasten insoweit bestehende Unklarheiten gehen.

Die Entscheidung des BGH enthält Hinweise hierzu sowie auch wichtige Klarstellungen zur Befristung von Krankheitsunterhalt.

 

Sachverhalt

Die 1960 geborene Klägerin und der 1956 geborene Beklagte hatten im Jahre 1985 geheiratet. Aus ihrer Ehe waren drei Kinder hervorgegangen. Die Ehe wurde im Februar 1997 geschieden. Die Klägerin betreute die drei gemeinsamen Kinder und war zum Zeitpunkt der Entscheidung krankheitsbedingt nur im Umfang von 6 Stunden täglich berufstätig. Der Beklagte war erneut verheiratet. Aus dieser neuen Ehe waren zwei weitere Kinder hervorgegangen, die von seiner jetzigen Ehefrau betreut wurden. Sie war nur in Teilzeit berufstätig. Er begehrte die Abänderung des gerichtlichen Vergleichs vom 15.7.1999, wonach er sich verpflichtet hatte, an die Ehefrau nachehelichen Unterhalt i.H.v. 647,00 DM (330,81 EUR) zu zahlen. Mit notariellem Schuldanerkenntnis vom 22.8.2005 hatte er sich verpflichtet, der geschiedenen Ehefrau ab September 2005 insgesamt monatlichen Unterhalt i.H.v. 439,00 EUR zu zahlen.

Die Ehefrau begehrte Abänderung des Titels mit dem Ziel, höheren Unterhalt zu erhalten.

Auf die Abänderungsklage der Klägerin hat das AG den Beklagten in Abänderung des gerichtlichen Vergleichs und unter Einbeziehung des notariellen Schuldanerkenntnisses zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in gestaffelter Höhe, zuletzt für die Zeit ab August 2005 i.H.v. monatlich 696,00 EUR verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG die Entscheidung abgeändert und den Unterhalt gestaffelt, zuletzt für die Zeit von Januar bis März 2008 auf monatlich 625,00 EUR und für die Zeit ab April 2008 auf monatlich 477,00 EUR. Die in der Berufungsinstanz erhobene Abänderungswiderklage des Beklagten, mit der dieser eine Befristung des nachehelichen Unterhalts bis zur Volljährigkeit der jüngsten Tochter im Juli 2013 begehrt hatte, hat das Berufungsgericht abgewiesen. Es hat die Revision hinsichtlich des ab dem Jahr 2008 zu zahlenden Ehegattenunterhalts zugelassen.

Die Revision führte im Umfang der Abänderungsklage zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

 

Entscheidung

Der BGH hat die Revision des Ehemannes zurückgewiesen, soweit dieser sich gegen die Erhöhung des Ehegattenunterhalts aufgrund der Verbesserung seiner Einkommensverhältnisse gewandt hatte. Dabei hat der erkennende Senat an seiner Rechtsprechung zur Wandelbarkeit der ehelichen Lebensverhältnisse angeknüpft und das höhere Einkommen des Ehemannes aufgrund einer Beförderung, die sich nicht als unerwarteter Karrieresprung darstellte, sowie alle finanziellen Vorteile aus der neuen Eheschließung der Bedarfsbemessung nach § 1578 BGB zugrunde gelegt. Im Rahmen der dann vorzunehmenden Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und der beiden Berechtigten sei zu berücksichtigen, dass die zweite Ehefrau nur teilzeiterwerbstätig sei wegen der Betreuung ihrer Kinder. Ihre Unterhaltsbedürftigkeit stellte nach Auffassung des BGH eine das Einkommen mindernde Verbindlichkeit dar, für die der Unterhaltspflichtige die Darlegungs- und Beweislast trage. Dies gelte sowohl hinsichtlich ihrer Erwerbsfähigkeit als auch hinsichtlich des von ihr erzielbaren Einkommens.

Zu dem Befristungsverlangen des Ehemannes hat der BGH den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen, weil das Berufungsgericht keine Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung gemäß § 1578 BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte vorgenommen habe.

 

Hinweis

Nachdem der BGH bei der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 zunächst die damals überfällige Abkehr von der Anrechnungs- zur Differenzmethode vollzogen hatte, nahm er in der Folgezeit eine Vereinheitlichung der Prüfung von Bedarf des Berechtigten und Leistungsfähigkeit des Verpflichteten vor und gab dabei immer mehr den Bezug auf den Zeitpunkt der Scheidung auf. Abweichend von einer bis dahin geltenden Rechtsprechung waren nach der Scheidung aufseiten des Unterhaltspflichtigen entstehende Unterhaltspflichten, die ggü. dem Unterhalt für den geschiedenen Ehegatten gleichrangig, nachrangig oder vorrangig sind, ebenso eheprägend wie nach der Scheidung von ihm begründete Verbindlichkeiten.

Mit seiner Entscheidung vom 25.1.2011 hat das BVerfG (FamRZ 2011, 437 ff.) diese Rechtsprechung unter Einschluss der Berechnungsmethode, der sog. Dreiteilungsmethode, für verfassungswidrig erklärt.

Zur Begründung wurde angeführt, sie löse sich von dem Konzept des Gesetzgebers zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts und ersetze dies durch ein eigenes Modell. Mit diesem Systemwechsel überschreite der BGH die Grenzen richterlicher Rechtsfort...

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