Leitsatz

Das OLG hatte sich in einem Rechtsstreit zwischen seit dem Jahre 1997 geschiedenen Eheleuten mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die aus einer weiteren Ehe des geschiedenen Unterhaltspflichtigen entstehende höhere Unterhaltslast nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit oder bereits bei der Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen ist. Ferner stellte sich die Frage, ob die Rechtsprechung des BVerfG zur Zuordnung des Splittingvorteils gemäß § 26 EStG aus der neuen Ehe aufrechtzuerhalten ist und in welcher Weise die Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 6 S. 1, 2 EStG bei Kindern aus verschiedenen Ehen zuzuordnen sind.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren seit Februar 1997 rechtskräftig geschieden. Aus ihrer Ehe waren drei in den Jahren 1985, 1988 und 1995 geborene Kinder hervorgegangen. Der Ehemann hatte erneut geheiratet, seine zweite Ehefrau war berufstätig. Der zweiten Ehe entstammten zwei in den Jahren 1999 und 2001 geborene Kinder. Durch einen vor dem AG am 15.7.1999 geschlossenen Vergleich hatte sich der Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts an seine erste Ehefrau i.H.v. 647,00 DM (330,81 EUR) monatlich verpflichtet. Die geschiedene Ehefrau nahm ihn in der Folgezeit auf Zahlung höheren Ehegattenunterhalts in Anspruch. Während des Verfahrens erster Instanz hatte sich der Ehemann durch einseitige notarielle Urkunde vom 22.8.2005 verpflichtet, an die geschiedene Ehefrau ab September 2005 nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 439,00 EUR zu zahlen.

Das AG hat der Klägerin durch Urteil vom 25.4.2006 nachehelichen Unterhalt für den gesamten streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum ab Februar 2005 i.H.v. ca. 690,00 EUR zuerkannt.

Hiergegen wandte sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag insoweit weiterverfolgte, als über das von ihm einseitig abgegebene notarielle Schuldanerkenntnis von 439,00 EUR monatlich ab September 2005 hinaus nachehelicher Unterhalt ausgeurteilt wurde.

Mit der Abänderungswiderklage begehrte er die Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts.

Das Rechtsmittel des Beklagten hatte teilweise Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG bestätigte in seiner Entscheidung, dass aufseiten des Ehemannes von seinen tatsächlichen Einkünften auszugehen sei. Ein Karrieresprung - hierauf hatte sich der Ehemann berufen - sei nur dann anzunehmen, wenn der Ehegatte eine neue berufliche Position erlangt habe und die hieraus erzielten Einkommenssteigerungen wesentlich über dem statistischen Mittelwert lägen bzw. die berufliche Tätigkeit mit der früheren Aufgabe nicht mehr in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehe. Der Ehemann sei als Polizeibeamter in eine höhere Gehaltsgruppe befördert worden, was einer normalen Entwicklung im Polizeidienst entspreche.

Im Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 15.3.2006 (BGH v. 15.3.2006 - XII ZR 30/04 in FamRZ 2006, 683) führte das OLG in seiner Entscheidung weiter aus, dass im Fall nach Scheidung der Ehe erstmals auftretender Unterhaltslasten die ehelichen Lebensverhältnisse durch diese geprägt würden. Die nach der Scheidung geborenen Kinder bzw. die Unterhaltsverpflichtung ihnen gegenüber seien unter dem Gesichtspunkt der Wandelbarkeit der ehelichen Lebensverhältnisse als eheprägend anzusehen. Alle Kinder des Ehemannes seien zu berücksichtigen, dies gelte allerdings auch für die Familienzuschläge für alle Kinder.

Unterhaltsansprüche für nachehelich geborene Kinder seien deshalb bereits bei der Bestimmung des Bedarfs und nicht erst der Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB zu berücksichtigen. Hierbei bezog sich das OLG auch auf die in § 1609 Nr. 2 BGB geregelte neue Rangfolge des nachehelichen Unterhalts. Als Folge dieser grundlegenden Änderung der Bedarfsbestimmung ermittelte das OLG den Bedarf nach § 1578 Abs. 1 BGB in der Weise, dass die Einkünfte sämtlicher Unterhaltsbeteiligter nach Abzug des jeweiligen Erwerbstätigenbonus addiert und danach durch die Anzahl aller Beteiligten geteilt wurden.

Zur Zuordnung des Splittingvorteils vertrag das OLG die Auffassung, dass die Grundlage der Entscheidung des BVerfG (BVerfG v. 7.10.2003 in FamRZ 2003, 1821) nicht mehr uneingeschränkt anzuwenden seien, da zum Zeitpunkt der Entscheidung noch ein Vorrang des geschiedenen Ehegatten bestanden habe, der durch die Neufassung des § 1609 Nr. 2 BGB aufgehoben sei.

Die Zuordnung zur neuen Ehe würde deshalb das Rangverhältnis zugunsten der zweiten Ehefrau verändern. Das OLG zog deshalb das tatsächliche Einkommen zur Unterhaltsbestimmung heran. Ferner wurden die halben Kinderfreiträge für zwei Kinder aus der geschiedenen Ehe sowie die vollen Kinderfreibeträge für zwei Kinder aus der neuen Ehe einbezogen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.05.2008, II-2 UF 135/06

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