Leitsatz

Die Frage der Befristung von Krankheitsunterhalt ist in der Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt. Es werden bisher hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten. Auch das OLG Karlsruhe hatte sich in seiner Entscheidung mit diesem Problem auseinanderzusetzen.

 

Sachverhalt

Die Parteien hatten im Jahre 1976 geheiratet und lebten seit Ende 1981 voneinander getrennt. Die Scheidung der Ehe erfolgte im März 1984.

Aus der Ehe der Parteien war eine im Jahre 1977 geborene Tochter hervorgegangen, die bis zu ihrer Volljährigkeit im Haushalt ihrer Mutter lebte und von ihr betreut und versorgt wurde.

Die im Jahre 1955 geborene geschiedene Ehefrau war von Beruf Arzthelferin und während der Ehe nicht berufstätig. Der im Jahre 1948 geborene geschiedene Ehemann war selbständiger Kaufmann und seit dem Jahre 1985 wieder verheiratet. Seine zweite Ehefrau erzielte eigene Einkünfte. Aus der zweiten Ehe waren drei Kinder hervorgegangen. Alle drei gingen noch zur Schule bzw. absolvierten eine Ausbildung.

In einem Vergleich vom 8.8.1985 verpflichtete sich der geschiedene Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 1.800,00 DM. Er erbrachte laufende Unterhaltsleistungen an die geschiedene Ehefrau seit dem Jahre 1982. Die geschiedene Ehefrau nahm im Dezember 1989 eine Halbtagstätigkeit auf. Seit dem 1.4.1993 war sie vollschichtig als Arzthelferin tätig, ohne jedoch das volle tarifliche Gehalt zu erhalten. Ihre Arbeitsstelle wurde zum 30.6.1996 gekündigt. In der Folgezeit bezog sie Krankengeld bzw. Arbeitslosenhilfe. Seit dem 4.5.2001 war sie als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 60 % anerkannt. Ab 01.07.2003 wurde ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von monatlich 453,31 EUR bzw. ab 1.9.2004 i.H.v. 449,61 EUR bewilligt.

Ein im Jahre 1988 von dem geschiedenen Ehemann eingeleitetes Abänderungsverfahren führte zu der hier mit der Abänderungsklage angegriffenen Entscheidung vom 3.11.1994, in der der nacheheliche Unterhalt zuletzt ab 01.02.1994 auf monatlich 694,00 DM reduziert worden war.

Die erneut von dem geschiedenen Ehemann im Jahre 2000 eingereichte Abänderungsklage hat das AG abgewiesen. Hiergegen richtete sich die Berufung des geschiedenen Ehemannes, der zuletzt nur noch eine Herabsetzung des Unterhalts auf Null ab 01.01.2008 begehrte und die Anschlussberufung der geschiedenen Ehefrau, die eine Erhöhung des Unterhalts verfolgte.

Das OLG hat den Unterhaltsanspruch ab 1.1.2008 auf 550,00 EUR herabgesetzt und bis zum 31.12.2012 befristet.

 

Entscheidung

Kurzwiedergabe der Entscheidungsgründe:

Das OLG Karlsruhe hat in seiner Entscheidung darauf verwiesen, dass § 1578b BGB auf alle Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten anzuwenden sei und eine Präklusion im konkreten Fall schon deshalb ausscheide, weil es hier um einen Anspruch auf Krankheitsunterhalt aus § 1572 BGB gehe, der nach altem Recht nicht habe befristet werden können.

Auch das Übergangsrecht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes stehe einer Abänderung nicht entgegen. Die in Frage stehende Unterhaltsregelung sei nicht Bestandteil einer umfassenden Scheidungsfolgenvereinbarung. Sie bestehe damit nicht derart lange Zeit unverändert, dass es der geschiedenen Ehefrau im Hinblick auf ihr Lebensalter nicht mehr zuzumuten sei, sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen. Sie habe auch keine Vermögensdispositionen bzw. Entscheidungen in wirtschaftlicher oder beruflicher Hinsicht getroffen, die nunmehr nicht mehr reversibel seien.

Das OLG hat im Zusammenhang mit der Übergangsregelung weiter ausgeführt, der geschiedenen Ehefrau sei es aufgrund der schicksalshaften, erst 12 Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung aufgetretenen Erkrankung nicht mehr möglich, für ihren Lebensbedarf selbständig Sorge zu tragen. Gleichwohl hat das OLG aber letztlich eine daraus abzuleitende Abänderungssperre verneint.

Allerdings wird aus den Entscheidungsgründen nicht klar, aus welchem Gesichtspunkt ein Krankheitsunterhaltsanspruch aus § 1572 BGB, der einen festen Einsatzzeitpunkt voraussetzt, bejaht wird. Tritt die Krankheit erst später ein, lässt sich ein Unterhaltsanspruch aus § 1572 BGB nur begründen, wenn bis dahin vorher lückenlos ein Unterhaltsanspruch bestanden hat.

Im vorliegenden Fall schied die Scheidung als Anknüpfungspunkt aus. Auch die Beendigung der Kindererziehung gemäß § 1572 Nr. 2 BGB kam nicht in Betracht, da die am 31.12.1977 geborene Tochter bei Eintritt der Erkrankung jedenfalls keiner Betreuung mehr bedurfte.

Denkbar wäre danach nur gemäß § 1572 Nr. 4 BGB ein - bis zum Zeitpunkt der Erkrankung bestehender - Anspruch auf Aufstockungsunterhalt aus § 1573 BGB. Hier stellte sich im Hinblick auf § 1573 Abs. 4 S. 1 BGB die Frage, ob der Unterhalt der geschiedenen Ehefrau durch ihre zwischenzeitliche vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht bereits nachhaltig gesichert war. Ob dies zum Zeitpunkt der damaligen Entscheidung vom 3.11.1994 schon bejaht werden konnte, nachdem sie erst ab 01.04.1993 wieder vollschichtig tätig war, sei fraglich. Aus dem Bl...

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