Leitsatz

Das zum 01.01.2008 in Kraft getretene UÄndG sieht in § 1578b BGB die Möglichkeit der Herabsetzung und/oder Befristung der Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten vor. Dies gilt auch für den Unterhaltsanspruch wegen Krankheit. Das OLG Nürnberg hatte sich mit der Frage der Befristung auseinanderzusetzen. Es ging hierbei insbesondere um den Gesichtspunkt der ehelichen Solidarität.

 

Sachverhalt

Die Parteien hatten am 24.4.1987 geheiratet. Ihre Ehe blieb kinderlos. Sie trennten sich im Oktober 2005, nachdem der Ehemann sich einer anderen Partnerin zugewandt hatte.

Das FamG hatte mit Endurteil vom 21.8.2007 die Scheidung ausgesprochen, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 156,00 EUR gemäß § 1573 Abs. 5 BGB a.F., befristet bis August 2012, verurteilt. Die Kosten des Ehescheidungsverfahrens wurden gegeneinander aufgehoben.

Mit ihrem Rechtsmittel wandte sich die Ehefrau gegen die Befristung ihres nachehelichen Unterhaltsanspruchs sowie gegen die Kostenentscheidung des FamG hinsichtlich der Folgesache Unterhalt.

Der Ehemann begehrte im Wege der Anschlussberufung eine Befristung des nachehelichen Unterhalts auf die Dauer von zwei Jahren.

Die Ehefrau begehrte Unterhalt gemäß § 1572 BGB, da sie krankheitsbedingt lediglich 25 Stunden wöchentlich arbeiten könne. Die gesundheitlichen Einschränkungen ergäben sich aus einem massiven Übergewicht mit Folgeschäden im orthopädischen Apparat und beim Blutdruck. Im Jahre 1995 hatte sie eine Lymphdrüsenkrebserkrankung bei Bestrahlung und Chemotherapie mit einer fortbestehenden Beeinträchtigung des Haarwachstums überwunden, nach ihren Angaben jedoch verbunden mit einer weiteren Gewichtszunahme. Eine Schilddrüsenunterfunktion wurde medikamentös behandelt.

Ein arbeitsmedizinisches und internistisches Gutachten eines Sachverständigen vom 21.6.2007 ergab eine nur eingeschränkte Arbeitsfähigkeit der Ehefrau hinsichtlich der ihr möglichen Tätigkeiten. Eine Ausweitung der Arbeitszeit sei nur bei einer Gewichtsreduktion von mindestens 30 kg erreichbar, die nach einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen innerhalb von zwei Jahren realisierbar sei. Hierdurch könne sich die Leistungsfähigkeit dann auf 75 % oder mehr einpendeln.

Die Ehefrau begehrte im Hinblick auf ihre gesundheitliche Situation und eine nach ihrer Ansicht drohende Verschlechterung der Arbeitsfähigkeit mit zunehmendem Alter eine Verurteilung des Ehemannes ohne zeitliche Befristung.

Der Ehemann begehrte im Hinblick auf die Unterhaltsreform zum 1.1.2008 eine Befristung gemäß § 1578b BGB. Die Ehefrau habe keine gemeinsamen Kinder erzogen, ehebedingte Nachteile im Hinblick auf ihre Erwerbstätigkeit seien nicht eingetreten. Bei der Billigkeitsabwägung sei zu berücksichtigen, dass sie ihre Erwerbstätigkeit erhöhen könne, wenn sie ihr massives Übergewicht reduziere. Das Rechtsmittel der Ehefrau führte zur Aufhebung der Befristung des nachehelichen Unterhalts. Die Anschlussberufung des Ehemannes wurde zurückgewiesen.

 

Entscheidung

Das OLG hat die zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruchs abgelehnt. Zwar seien greifbare ehebedingte Nachteile für die Ehefrau im vorliegenden Fall nicht festzustellen. Sie sei zu Beginn der Ehe Arzthelferin gewesen und arbeite auch jetzt in diesem Beruf bei gutem Gehalt, allerdings zeitlich beschränkt aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen. Damit komme der Dauer der Ehe von über 20 Jahren (bis zum Erlass des Scheidungsurteils) und der Erkrankung der Ehefrau besondere Bedeutung zu. Hinzu komme die nahe Gefahr einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit weiteren beruflichen Einschränkungen. Diese Verschlechterung könne gerade dann eintreten, wenn ein zeitlich begrenzter Unterhalt auslaufe. Es erscheine daher angemessen, die nacheheliche Solidarität gerade im Fall einer Verschlechterung zum Tragen kommen zu lassen, da der aktuelle Gesundheitszustand der Ehefrau sich nicht erst in jüngster Vergangenheit, sondern während der lange dauernden Ehe entwickelt habe. Ein Unterhaltsanspruch könne wegen des Erfordernisses der lückenlosen Anknüpfung an Scheidung und einen Unterhaltstatbestand nur gesichert werden, wenn insoweit keine zeitliche Begrenzung ausgesprochen werde.

Für den Fall einer Verbesserung der Arbeitsfähigkeit wurde der Ehemann auf die Möglichkeit der Abänderungsklage verwiesen.

 

Hinweis

Im Hinblick auf die Neuregelung des § 1578b BGB durch UÄndG ab 01.01.2008 werden Abänderungsklagen im Bereich des nachehelichen Unterhalts bei einer Veränderung der Verhältnisse zukünftig an Bedeutung gewinnen. Dies gilt auch und gerade dann, wenn eine Herabsetzung und/oder zeitliche Begrenzung oder Befristung im Ausgangsurteil nicht ausgesprochen worden ist.

Hierbei wird das Kriterium der langen Ehedauer, die zu gesteigerter Solidarität führen kann, im Einzelfall von Bedeutung sein. Das OLG Nürnberg hat die Ehedauer bis zur rechtskräftigen Ehescheidung bemessen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH ist zur Bestimmung der Eh...

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