Leitsatz

Gegenstand der Entscheidung war primär die Frage, ob ein Unterhaltsberechtigter den Unterhaltsverpflichteten ungefragt darüber informieren muss, dass er nach Titulierung höhere Einkünfte erzielt. Ferner ging es um die Frage, wie sich Erwerbsobliegenheiten auf die Frage einer Unterhaltsbefristung auswirken.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten um den nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im Jahre 1989 geheiratet. Aus ihrer Ehe war eine im Oktober 1989 geborene Tochter hervorgegangen. Die Ehefrau hatte ihre vorehelich in den Jahren 1984 und 1988 geborenen Töchter mit in die Ehe gebracht. In dem ehelichen Haushalt lebte außerdem eine im Oktober 1983 geborene Pflegetochter, die der Ehemann und seine verstorbene erste Ehefrau aufgenommen hatten.

Im Juli 2002 zog die Ehefrau mit ihren drei Töchtern aus der Ehewohnung aus. Der Ehemann verblieb mit der Pflegetochter in dem in seinem Eigentum stehenden Haus.

In einem gerichtlichen Vergleich über den Trennungsunterhalt verpflichtete sich der Ehemann, ab Oktober 2003 Trennungsunterhalt i.H.v. 557,00 EUR an die Ehefrau zu zahlen. Dabei gingen die Parteien von einem Nettoeinkommen der Ehefrau aus Teilzeittätigkeit und Nebeneinkünften i.H.v. 955,00 EUR aus. Bereits ab Dezember 2003 erzielte die Ehefrau aus ihrer halbschichtigen Erwerbstätigkeit in dem erlernten Beruf als Krankenschwester durchschnittliche Nettoeinkünfte i.H.v. monatlich 1.184,00 EUR sowie weiterhin Nebeneinkünfte in der zuvor berücksichtigten Höhe von 155,00 EUR. Diese höheren Einkünfte teilte die Ehefrau dem Ehemann erst im Rahmen der Verhandlungen über den nachehelichen Unterhalt auf ausdrückliche Anfrage mit Schriftsatz vom 9.12.2004 mit.

Mit Verbundurteil vom 11.7.2005 wurde die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich durchgeführt und der Ehemann zur Zahlung nachehelichen Altersvorsorge- und Aufstockungsunterhalts i.H.v. 609,00 EUR monatlich verurteilt. Auf die Berufung des Ehemannes gegen den Unterhaltsausspruch in dem Verbundurteil hat das OLG die amtsgerichtliche Entscheidung abgeändert und den Antragsgegner zu zeitlich gestaffelten Unterhaltsleistungen, zuletzt für die Zeit ab Dezember 2006 i.H.v. monatlich 48,63 EUR Altersvorsorgeunterhalt und 192,52 EUR Elementarunterhalt verurteilt.

Gegen diese Entscheidung richteten sich die zugelassenen Revisionen beider Parteien. Die Ehefrau begehrte Zurückweisung der Berufung des Ehemannes, der Ehemann vollständige Abweisung des Antrags auf nachehelichen Unterhalt.

Die Revision der Ehefrau erwies sich als unbegründet. Die Revision des Ehemannes führte zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

 

Entscheidung

Soweit die Vorinstanz der Ehefrau fiktiv Einkünfte aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zugerechnet hatte, hat der BGH dies ausdrücklich gebilligt. Konkrete Umstände, die einer Ausweitung der bisherigen Tätigkeit entgegenstünden, seien nicht vorgetragen worden. Auch die beiden Absagen auf Bewerbungen könnten die Annahme einer fehlenden Beschäftigungschance nicht rechtfertigen. Im Übrigen sei der Unterhalt teilweise gemäß § 1579 Nr. 5 verwirkt und für ein Jahr um 100,00 EUR gekürzt worden, weil die Ehefrau wegen des gerichtlichen Unterhaltsvergleichs verpflichtet gewesen sei, die Einkommenserhöhung ungefragt mitzuteilen. Für die Verwirkung sei nicht erforderlich, dass dem Unterhaltspflichtigen tatsächlich ein Vermögensschaden entstehe. Es genüge eine schwerwiegende Gefährdung seiner Vermögensinteressen, die - wie im vorliegenden Fall - dadurch entstehen könne, dass er den bereits geleisteten Unterhalt später nicht zurückfordern könne. Die Ehefrau habe gegen die Obliegenheit verstoßen, dem Ehemann die Steigerung ihres Einkommens ungefragt mitzuteilen. Diese Obliegenheit habe nach Vergleichsabschluss aufgrund der vertraglichen Treuepflicht bzw. des unterhaltsrechtlichen Treueverhältnisses bestanden. Auch wenn der Ehemann seinerseits eine Steuererstattung verschwiegen habe, mache dies das Verhalten der Ehefrau nicht ungeschehen.

Für die Frage einer Unterhaltsbefristung gemäß § 1578b Abs. 2 BGB sei nicht allein die Ehedauer, sondern die Beantwortung der Frage entscheidend, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz als ehebedingter Nachteil herausstelle, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen könne. Gegen fortwirkende ehebedingte Nachteile spreche schon der Umstand, dass die Antragstellerin zur Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf verpflichtet und in der Lage sei. Sei dieser Zeitpunkt erreicht oder zuverlässig absehbar, dürfe eine Unterhaltsbegrenzung auch nicht einem späteren Abänderungsverfahren überlassen bleiben. So lagen die Umstände nach Auffassung des BGH im vorliegenden Fall. Ehebedingte Nachteile folgten auch nicht aus dem Umfang der wegen der Haushaltsführung und Kindesbetreuung reduzierten Rentenanwartschaften, denn der Versorgungsausgleich führe regelmäßig dazu,...

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