Leitsatz

Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit geschaffen, den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten unter Billigkeitserwägungen zeitlich zu befristen (§ 1578b Abs. 2 BGB). Das sollte das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit im Unterhaltsrecht stärken. Das OLG Brandenburg hat eine Grenze für diese Befristungsmöglichkeit gezogen.

 

Sachverhalt

Schon 17-jährig wurde die spätere Ehefrau schwanger und brach deshalb ihre Ausbildung zur Gärtnerin ab. 30 Jahre war sie daraufhin mit dem Vater des ersten und weiterer Kinder verheiratet. Sie betreute während der Ehe die Kinder und übte auch einige Nebentätigkeiten aus. Eine Berufsausbildung absolvierte sie nicht mehr. Nach der Scheidung erzielte die geschiedene Frau ein monatliches Einkommen von ca. 1.000 EUR. Ein höheres Einkommen scheint für die 50-jährige nicht mehr erzielbar. Ihr Ehemann verfügt als Berufskraftfahrer über ein monatliches Einkommen von ca. 1.500 EUR.

Der Ehemann wollte keinen Unterhalt mehr zahlen und machte geltend, angesichts seines ebenfalls nicht sehr üppigen Einkommens seinen Lebensstandard nicht halten zu können. Seine Ehefrau hätte auch ohne Kind ihre damalige Lehre als Landschaftsgärtnerin nicht beendet. Jedenfalls sei es unbillig, wenn er seiner Ehefrau nach Beendigung der Ehe Unterhalt bis in alle Ewigkeit (ad infinitum) zahlen müsse. Der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit erfordere zumindest, dass seine Unterhaltesverpflichtung befristet werde.

Nach Auffassung des OLG entspräche eine Befristung des Unterhalts im konkreten Fall unter Berücksichtigung der Ehedauer und der ehelichen Lebensverhältnisse nicht der Billigkeit. Die Ehefrau habe zum Zwecke der Versorgung des ersten gemeinsamen Kindes ihre Berufsausbildung aufgegeben. Andere Gründe seien dafür nicht ersichtlich. Hierdurch sei sie als ungelernte Kraft nun nicht mehr in der Lage, ein monatliches Einkommen von mehr als ca. 1.000 EUR zu erzielen. Nach Auffassung des OLG gilt zwar auch für solche Fälle der Grundsatz, dass jeder geschiedene Ehegatte für sein Leben und auch für sein finanzielles Auskommen möglichst eigenverantwortlich sorgen müsse. Dieser Grundsatz finde seine Grenze aber dort, wo der Betreffende bereits seine ganze Kraft zum Einkommenserwerb einsetze und mehr nicht verlangt werden könne. Wenn diese Grenze der Einkommenserzielung noch dazu durch die Ehe und damalige gemeinsame Lebensplanung bedingt sei, dann könne auch unter dem Gesichtspunkt der Eigenverantwortung nicht mehr von dem Unterhaltsberechtigten gefordert werden. In diesem Fall komme eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht in Betracht.

Der geschiedene Ehemann müsse daher weiterhin ca. 3/7 des Differenzbetrags der beiderseitigen Einkommen an seine geschiedene Frau zahlen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Brandenburg, Beschluss v. 21.2.2012, 10 UF 253/11.

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