Leitsatz

Hat der Mieter durch einheitlichen Vertrag eine Gaststätte mit zugehöriger Wirtewohnung gemietet, handelt es sich um ein Mischmietverhältnis, dessen rechtliche Einordnung anhand der sogenannten Übergewichtstheorie vorzunehmen ist. Ist Vertragsschwerpunkt die Nutzung als Gaststätte, unterliegt das einheitliche Vertragsverhältnis insgesamt dem für die Geschäftsraummiete geltenden Mietrecht. Anteilige Mietzahlungen sind bei fehlender bindender Tilgungsbestimmung zunächst auf die Nebenkostenvorauszahlungen und erst dann auf die restliche Miete zu verrechnen.

 

Fakten:

Die Parteien haben einen einheitlichen Mietvertrag über eine Gaststätte mit zugehöriger Wirtewohnung geschlossen. Nach dem Mietvertrag konnte der Mieter gegen die Miete weder aufrechnen noch ein Zurückbehaltungsrecht ausüben oder die Miete mindern. Das Obergericht gibt dem Vermieter Recht. Der Minderungsausschluss stellt keine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar. Die Klausel schließt das Minderungsrecht nicht vollständig aus, sondern nur dessen Verwirklichung durch Abzug von der geschuldeten Miete. Die Mieterschutzvorschriften des Wohnraumrechts sind auch in Bezug auf die Wirtewohnung nicht anzuwenden. Werden zwischen denselben Parteien Wohn- und Geschäftsräume vermietet, handelt es sich um ein Mischmietverhältnis, dessen rechtliche Einordnung anhand der sogenannten Übergewichtstheorie vorzunehmen ist. Für die Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Nutzungsart nach dem autonomen, durch den Parteiwillen geprägten Vertragszweck überwiegt. Liegt danach der Vertragsschwerpunkt in der vertraglichen Nutzung als Wohnraum, sind im Konfliktfall die Bestimmungen des Wohnraummietrechts heranzuziehen. Dominieren Vertragszwecke, die keinen Wohnraumcharakter haben, gilt allgemeines Mietrecht. Für die hierzu anzustellende Beurteilung sind alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen, insbesondere auch die Miet- und Flächenanteile, die auf den Wohnraum sowie auf den Geschäftsraum entfallen. Hier trägt die einheitliche Vertragsurkunde die Bezeichnung "Mietvertrag über gewerbliche Räume". Die Kaltmiete beträgt insgesamt 3.050 €. Hiervon entfallen auf das gewerblich zu nutzende Restaurant 2.500 €, während die Kaltmiete für die Wohnung lediglich 550 € beträgt. Außerdem hatten die Parteien eine Kaution in Höhe von 20.000 € vereinbart, welche für die Wohnraummiete die zulässige gesetzliche Kautionsobergrenze von drei Monatsmieten um mehr als das Zwölffache übersteigt. Auch das Verhältnis der der Nebenkostenabrechnung zu entnehmenden Flächenanteile von 255 qm für das Restaurant und von 110 qm für die Wohnung spricht für ein Überwiegen des gewerblichen Mietzwecks. Damit untersteht der gesamte Mietvertrag dem allgemeinen Mietrecht. Mieterschutzvorschriften aus dem Wohnraummietrecht finden keine Anwendung.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2006, I-10 U 120/05

FAZIT:

Bei der Beurteilung, ob bei einem gemischten Mietvertrag gewerbliches oder Wohnungsmietrecht anzuwenden ist, entscheiden alle Umstände des Einzelfalls, vor allem das Verhältnis der Mietflächen und Mietanteile von Wohnungs- und Gewerbemietraum. Aber auch die Bezeichnung des Gesamtvertrags, Nebenkostenabrechnungen oder nur nach Wohnraummietrecht zulässige Vereinbarungsbestandteile.

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