Leitsatz

  1. Zur Darlegung wiederkehrender Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs genügt eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen es geht, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten; der Vorlage eines "Protokolls" bedarf es nicht (im Anschluss an BGH, Urteil v. 29.2.2012, VIII ZR 155/11, NJW 2012 S. 1647).
  2. Ist über die Berechtigung des Mieters zur Minderung betreffend einen zurückliegenden Zeitraum bereits gerichtlich entschieden, so ist es ausreichend, wenn der Mieter erklärt, dass der Mangel weiterhin besteht. Der Mieter muss "eine entsprechende Mitteilung nicht ständig wiederholen".
  3. Diese Grundsätze gelten auch im Verfahren nach § 321a ZPO.

(Leitsätze der Redaktion)

 

Normenkette

GG Art. 103 Abs. 1; BGB § 536; ZPO § 321a

 

Kommentar

Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über eine Wohnung zu einer Monatsmiete von 518,19 EUR. In demselben Gebäude wohnt auch die Tochter der Vermieter, die in ihrer Wohnung mehrere Hunde hält. Die Mieter haben die Miete wegen der durch das Hundegebell verursachten Lärmbelästigungen Anfang 2007 gemindert. Aus diesem Grund war zwischen den Parteien ein Rechtsstreit wegen rückständiger Miete anhängig, der durch ein Urteil des Amtsgerichts vom 24.4.2007 beendet wurde. In diesem Urteil hat das Amtsgericht entschieden, dass die Monatsmiete für einen zurückliegenden Zeitraum in Höhe von 81,14 EUR wegen der Lärmstörungen gemindert ist. Die Mieter haben auch in der Zeit nach Erlass des Urteils lediglich die geminderte Miete gezahlt. Sie haben hierzu in einem Schreiben vom September 2007 mitgeteilt, dass die Minderung wegen der fortdauernden Störungen beibehalten wird. Wegen des insoweit entstandenen Mietrückstands haben die Vermieter im Februar 2009 erneut gekündigt und Räumungsklage erhoben.

Die Instanzgerichte haben der Klage stattgegeben: Zum einen hätten die Mieter die Lärmbelästigungen nicht mit der gebotenen Ausführlichkeit geschildert, insbesondere fehlten Ausführungen zur Dauer des Bellens, zur Verteilung über den Tag und die Nacht sowie Angaben zur Lautstärke. Zum anderen hätten die Mieter den Mangel entgegen § 536c BGB nicht angezeigt, was den Verlust der Gewährleistungsrechte zur Folge habe.

Der BGH hat das Urteil aufgehoben. Nach seiner ständigen Rechtsprechung genügt es bei der Geltendmachung von Sachmängeln, wenn der Mieter im Prozess konkrete Tatsachen vorträgt, aus denen sich ergibt, dass die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt ist.

Anmerkung

Ausreichende Beschreibung des Mangels

Es reicht aus, wenn der mangelhafte Zustand hinreichend genau beschrieben wird. Der Mieter muss weder zur Ursache der Mängel noch zum Ausmaß der Beeinträchtigung oder zur Höhe der Minderung etwas ausführen (BGH, Beschluss v. 25.10.2011, VIII ZR 125/11, NJW 2012 S. 382; Urteil v. 29.2.2012, VIII ZR 155/11, NJW 2012 S. 1647).

Zur Darlegung wiederkehrender Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs genügt eine Beschreibung, aus der sich ergibt,

  • um welche Art von Beeinträchtigungen es geht,
  • zu welchen Tageszeiten,
  • über welche Zeitdauer und
  • in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten.
Wichtig

Kein Protokoll erforderlich

Der Vorlage eines "Protokolls" bedarf es nicht (BGH, Urteil v. 29.2.2012, VIII ZR 155/11, NJW 2012 S. 1647).

An dieser Rechtsprechung hält der BGH fest. Er kommt zum Ergebnis, dass die Instanzgerichte die Anforderungen an den Sachvortrag des Mieters überspannt haben. Ist über die Berechtigung des Mieters zur Minderung, die einen zurückliegenden Zeitraum betrifft, bereits gerichtlich entschieden, so ist es ausreichend, wenn der Mieter erklärt, dass der Mangel weiterhin besteht. Der Mieter muss "eine entsprechende Mitteilung nicht ständig wiederholen". Das Schreiben vom September 2007 war demnach als ausreichende Mängelanzeige zu bewerten.

Anmerkung

Verfahren auf rechtliches Gehör und Darlegungslast

Die Entscheidung ist zu einem Verfahren nach § 321a ZPO (Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör) ergangen. Nach § 321a Abs. 1 ZPO ist ein Verfahren auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand (§ 321a Abs. 3 ZPO). Es gelten dann die allgemeinen Grundsätze über die Anforderungen an die Darlegungslast.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 20.6.2012, VIII ZR 268/11, NJW-RR 2012 S. 977

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