Leitsatz

Bei der Berechnung der Jahresfrist nach § 558 Abs. 1 S. 2 BGB bleiben nach Satz 3 auch solche Mieterhöhungen unberücksichtigt, die auf den in § 559 BGB genannten Gründen beruhen, jedoch einvernehmlich von den Parteien vereinbart worden sind (im Anschluss an BGH, Urteil v. 28.4.2004, VIII ZR 185/03, NJW 2004, 2088).

 

Normenkette

BGB § 558 Abs. 1

 

Kommentar

Zwischen den Parteien bestand ein Mietvertrag über eine Wohnung zu einer monatlichen Grundmiete von 252,29 EUR. Die Vermieterin hat im Frühjahr 2003 Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt und mit Schreiben vom 25.3.2003 eine auf § 559 BGB gestützte Mieterhöhungserklärung abgegeben. Danach sollte sich die Miete ab Juni 2003 um 51,30 EUR monatlich erhöhen. Der Mieter hat ab Juni 2003 eine um 24,77 EUR erhöhte Grundmiete, insgesamt also 252,29 EUR + 24,77 EUR = 277,06 EUR gezahlt. Die Vermieterin hat wegen des übrigen Erhöhungsbetrags nichts unternommen.

Mit Schreiben vom 25.5.2004 nahm die Vermieterin den Mieter gem. § 558 BGB auf Zustimmung zur Mieterhöhung um 25,47 EUR auf 302,53 EUR in Anspruch. In dem Erhöhungsschreiben ist ausgeführt, dass die bisherige Grundmiete 277,06 EUR betrage und damit um 25,47 EUR unterhalb der ortsüblichen Miete liege. Der Mieter hat der Mieterhöhung nicht zugestimmt. Die Instanzgerichte haben die Erhöhungsklage abgewiesen, weil die Jahresfrist des § 558 Abs. 1 S. 1 BGB nicht gewahrt sei.

Der BGH ist anderer Ansicht:

1. Nach § 558 Abs. 1 S. 1 BGB setzt der Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Zustimmung zur Mieterhöhung zunächst voraus, dass die "Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist". Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, dass in der Zahlung der erhöhten Miete ab Juni 2003 ein Mieterhöhungsangebot des Mieters zu sehen sei. Dieses Angebot habe die Vermieterin mit Schreiben vom 25.5.2004 angenommen. Damit sei die Mietpreisvereinbarung erst im Mai 2004 abgeändert worden. Diese Auslegung wird vom BGH akzeptiert.

2. Geht man davon aus, dass die Mietpreisvereinbarung erst im Mai 2004 abgeändert worden ist, so wäre eine weitere Anpassung der Miete erst im Jahr 2005 möglich. Allerdings bestimmt § 558 Abs. 1 S. 3 BGB, dass "Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 BGB" bei der Jahresfrist nicht berücksichtigt werden. Eine vergleichbare Regelung fand sich bereits in dem bis zum 1.9.2001 geltenden § 2 MHG. Hierzu wurde in Rechtsprechung und Literatur teilweise die Ansicht vertreten, dass die Ausnahme nur für solche Mieterhöhungen gilt, die in dem förmlichen Verfahren nach § 3 MHG a. F. zustande gekommen sind. Nach anderer Meinung war die Regelung auch dann anwendbar, wenn sich die Parteien anlässlich einer Modernisierung freiwillig auf einen bestimmten Erhöhungsbetrag geeinigt haben. In dem Urteil vom 28.4.2004 (VIII ZR 185/03) hat sich der BGH für die letztgenannte Ansicht entschieden. Es ist allerdings fraglich, ob die zum früheren Recht entwickelten Grundsätze auf das nunmehr geltende Recht übertragbar sind. Der Wortlaut der einschlägigen Vorschriften spricht dagegen. In § 558 Abs. 3 BGB ist geregelt, dass bei der Berechnung der Jahresfrist "Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 BGB" unberücksichtigt bleiben. Die Regelung in § 559 BGB betrifft die materiellen Voraussetzungen der Modernisierungsmieterhöhung. Die formellen Voraussetzungen der Mieterhöhung wegen einer Modernisierung sind in § 559b Abs. 1 BGB geregelt. In § 558 Abs. 3 BGB sind die formellen Voraussetzungen in Bezug genommen. Die freiwilligen Mieterhöhungsvereinbarungen anlässlich einer Modernisierung fallen unter § 557 Abs. 1 BGB. Auf diese Vorschrift verweist § 558 Abs. 3 BGB aber nicht. Die Gesetzessystematik und der Gesetzeswortlaut sprechen also dafür, dass bei der Jahresfrist nur die formellen Mieterhöhungen unberücksichtigt bleiben. Auf dieser Interpretation beruht das Urteil des Berufungsgerichts.

Der BGH folgt dieser Ansicht nicht. Eine am Wortlaut orientierte Auslegung werde dem Sinn und Zweck des § 559 BGB nicht gerecht. Mit den entsprechenden Regelungen in § 2 MHG habe der Gesetzgeber sicherstellen wollen, dass der Vermieter keine Nachteile erleidet, wenn er anstelle des förmlichen Verfahrens eine freiwillige Erhöhungsvereinbarung wählt. An diesem Gesetzeszweck habe die Mietrechtsreform nichts geändert.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 18.7.2007, VIII ZR 285/06

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