Leitsatz

  1. Gültiger Mehrheitsbeschluss auf Anpassung des Wirtschaftsjahrs an das Kalenderjahr
  2. Jedenfalls nicht nichtiger Ordnungsbeschluss auf Fortgeltung des Wirtschaftsplans
  3. Sachgerechte einstweilige Anordnung bei Wohngeldrückständen auf sofortige Vollstreckbarkeit
 

Normenkette

(§§ 28, 44 Abs. 3 WEG)

 

Kommentar

1. Durch Mehrheitsbeschluss kann das Wirtschaftsjahr auf das Kalenderjahr umgestellt bzw. der gesetzlichen Regelung in § 28 Abs. 1 und 3 WEG angepasst werden. Dies ist vorliegend geschehen durch Beschlussfassung, da das Wohngeld zukünftig jährlich am 5.1. eines jeden Jahres im Voraus fällig sein sollte. Damit wurde von der Gemeinschaft klargestellt, dass die zuvor praktizierte Regelung, das Wirtschaftsjahr entsprechend der Heizperiode vom 1.5. eines jeden Jahres zum 30.4. des Folgejahres anzusetzen, nicht mehr gelten sollte. Im Übrigen steht es einer Gemeinschaft frei, einen von den Vorgaben in § 28 WEG abweichenden Zeitraum für einen Wirtschaftsplan zu beschließen (vgl. auch Beschluss des LG v. 1.10.2001, 85 T 45/01 WEG).

2. Ein Beschluss, der die Fortgeltung des Wirtschaftsplans festlegt, ist jedenfalls nicht nichtig; vorliegend wurde der Beschluss nicht angefochten. Insoweit handelt es sich um bloße Ordnungsvorschriften im Rahmen eines solchen Mehrheitsbeschlusses, die nicht per se und ex tunc unter Beachtung der BGH Rechtsprechung (v. 20.9.2000) nichtig sein sollen. Damit entsprach der Beschluss auch Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Aus § 28 WEG ergibt sich nicht, dass anderweitige als die vom Gesetz vorgegebenen Regelungen verboten sein sollen. Durch die Regelung wird auch kein Eigentümer benachteiligt.

3. Auch die Fälligstellung des Wohngeldes jährlich im Voraus mit eingeräumter monatlicher Ratenzahlung und Stundung bei pünktlicher Zahlung der Vorschüsse sowie der Beauftragung des Verwalters, das restliche Jahreswohngeld bei Rückstand von zwei Monatsteilbeträgen gerichtlich geltend zu machen, stellt einen gültigen Beschluss dar. Damit wurde die Antragsgegnerseite nach entfallener Stundung zu Recht in die gesamte Jahreswohngeldzahlung verurteilt.

4. Zu Recht hat vorliegend auch das AG eine einstweilige Anordnung gemäß § 44 Abs. 3 WEG erlassen, da es der Gemeinschaft nicht zuzumuten ist, weiterhin auf den Eingang der Zahlungen zu warten und der möglichen Inanspruchnahme weiterer Rechtsmittel entgegenzusehen; es gibt deshalb keinen Grund, die Anordnung der sofortigen Vollstreckbarkeit der Hauptsacheentscheidung über eine einstweilige Anordnung aufzuheben.

 

Link zur Entscheidung

LG Berlin, Beschluss vom 09.11.2001, 85 T 155/01( LG Berlin v. 9.11.2001, 85 T 155/01, ZMR 5/2002, 385)

Anmerkung

Bedenken habe ich allein gegen die Gültigkeit eines Beschlusses, der eine grundsätzliche Jahresfälligkeit einer Wohngeldvorauszahlung gemäß Wirtschaftsplan festlegt. Ein solcher Beschluss wäre nur dann vertretbar, wenn in der Gemeinschaftsordnung – wie wohl selten – keinerlei Fälligkeiten für diese Beitragsleistungen (Vorauszahlungen) vereinbart sein sollten; nur dann läge auch bei einer solchen Beschlussfassung keine Änderung getroffener Vereinbarungen vor (mit Beschlussnichtigkeitsfolge nach BGH v. 20.9.2000). Das Gesetz selbst äußert sich in § 28 WEG nicht über Zahlungs- bzw. Vorauszahlungsfälligkeiten, sondern spricht in § 28 Abs. 1 Nr. 2 WEG nur von der anteilmäßigen Verpflichtung der Wohnungseigentümer im Sinne auch erforderlicher Einzelwirtschaftspläne und in Abs. 2 von der Verpflichtung der Eigentümer, nach Abruf durch den Verwalter gemäß beschlossenem Wirtschaftsplan entsprechende Vorschüsse zu leisten.

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