Leitsatz

§ 16 Abs. 4 WEG räumt den Wohnungseigentümern die Kompetenz ein, gleichzeitig mit der Entscheidung über die Durchführung einer Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme einen Kostenverteilungsbeschluss zu fassen, der die Kosten dieser Maßnahme abweichend von dem geltenden Umlageschlüssel unter den Wohnungseigentümern verteilt. Die neue Kostenverteilung muss sich am Gebrauchsmaßstab orientieren und wegen § 21 Abs. 3 WEG ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen.

 

Normenkette

§§ 5 Abs. 2, 16 Abs. 4 WEG

 

Das Problem

  1. In einer Wohnungseigentumsanlage gibt es 21 Tiefgaragenstellplätze, darunter 3 Stellplätze, auf denen sich Mehrfachparker mit 4 bzw. 2 Stellplätzen befinden. Nach der Teilungserklärung stehen die Mehrfachparker im Sondereigentum. Bei der Wartung der Mehrfachparker wird Korrosion an mehreren Hebebühnen und einigen Seitenwangen festgestellt. Die Wohnungseigentümer beschließen daher, 6 Stellplätze zu reparieren. Für diese Instandhaltungsmaßnahmen wird eine Sonderumlage von 703 EUR erhoben.
  2. Wohnungseigentümer K wendet sich gegen diesen Beschluss. Er ist der Auffassung, die Mehrfachparker stünden im Sondereigentum. Es sei daher nicht richtig, ihn mit Kosten zu belasten. Jedenfalls verstoße der Beschluss gegen § 16 Abs. 4 WEG.
  3. Das Amtsgericht weist die Klage mit der Begründung ab, die Mehrfachparker seien dem gemeinschaftlichen Eigentum zuzuordnen, da mindestens 2 Wohnungseigentümer auf ihren Gebrauch angewiesen seien. K legt gegen dieses Urteil Berufung ein.
 

Die Entscheidung

  1. Ohne Erfolg! Die Mehrfachparker stünden allerdings im gemeinschaftlichen Eigentum. Nach § 5 Abs. 2 WEG seien Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, auch dann nicht Gegenstand des Sondereigentums, wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befänden. Eine Anlage, die mehrere Doppelstockgaragen betreibe, diene dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer im Sinne dieser Vorschrift. Hierfür sei es nicht erforderlich, dass die Gesamtheit der Wohnungs- und Teileigentümer von ihr profitiere; ausreichend sei, dass mindestens 2 Wohnungs- oder Teileigentümer auf die Nutzung der Anlage angewiesen seien (Hinweis auf BGH v. 21.10.2011, V ZR 75/11). Im Fall seien die Stellplätze der Mehrfachparker mehreren verschiedenen Eigentümern zugewiesen, sodass insoweit vom gemeinschaftlichen Eigentum auszugehen sei.
  2. K's Vortrag, es handle sich um die Reparatur von Einzelteilen, die sich präzise den jeweiligen Eigentümern der Stellplätze zuordnen ließen, rechtfertige keine andere Beurteilung. Zwar habe LG München I v. 5.11.2012, 1 S 1504/12 WEG, entschieden, dass an Bauteilen eines Mehrfachparkers auch dann Sondereigentum bestehen könne, wenn die zugehörige Hydraulikanlage infolge des Betriebs mehrerer Garageneinheiten zwingendes gemeinschaftliches Eigentum darstelle. Das zur Hebebühne einer Doppelstockgarage gehörende Fahrblech sei – soweit es entfernt werden könne, ohne die Funktionsfähigkeit der Hebeanlage im Übrigen zu beeinträchtigen – sondereigentumsfähig. Dieser Auffassung sei im konkreten Fall aber nicht zu folgen. Gegenstand des Sondereigentums seien neben den gemäß § 3 Abs. 1 WEG dazu bestimmten Räumen auch die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile, sofern sie verändert, beseitigt oder eingefügt werden könnten, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 WEG zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert werde (§ 5 Abs. 1 WEG). Diese Feststellung lasse sich hier nicht treffen. Stünde es im Belieben des einzelnen Eigentümers, dem der jeweilige Stellplatz zugewiesen sei, ob er das Fahrblech durchrosten lasse, hätte dies auch Auswirkungen für die Sicherheit der Fahrzeuge der weiteren Nutzer der Mehrfachparker. Bei den Mehrfachparkern mit 4 Stellplätzen wäre zudem zu befürchten, dass das Entfernen eines einzelnen Fahrblechs Auswirkungen auf die Stabilität der gesamten Anlage haben könnte, insbesondere auch auf die Stabilität des benachbarten Fahrblechs. Da nach der Teilungserklärung nicht die Mehrfachparker, sondern die einzelnen Stellplätze einzelnen Miteigentümern zugewiesen seien, gebe es auch keinen Mehrfachparker, der von vornherein einem einzelnen Miteigentümer zugewiesen sei. Die Rechtslage sei insoweit vergleichbar mit der Rechtslage bei Balkonen. Diese könnten zwar als Bestandteile von sondereigentumsfähigen Räumen im Sondereigentum stehen. Dies gelte allerdings nicht für deren konstruktive Elemente wie Balkonplatte oder Isolierschicht (Hinweis auf BGH v. 25.1.2001, VII ZR 193/99).
  3. Der Beschluss sei aber deshalb rechtswidrig, weil mit diesem unter Abweichung der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 2 WEG eine Regelung getroffen wurde, die nicht den Vorgaben des § 16 Abs. 4 WEG entspreche. Der Beschluss verteile die Kosten der Insta...

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