Leitsatz

Ein Verwalter ist bei einer nur im Sondereigentum aufgetretenen Feuchtigkeit und Schimmelbildung gehalten, der Ursache nachzugehen, wenn ein Mangel am gemeinschaftlichen Eigentum nicht von vornherein auszuschließen ist.

 

Normenkette

§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer lehnen es im Wege des Beschlusses ab, in Höhe von 7.699,83 EUR die Kosten des Wohnungseigentümers K für die Schimmelsanierung in seinem Sondereigentum zu übernehmen. Ferner lehnen sie es im Wege des Beschlusses ab, ein Gutachten in Auftrag zu geben, das das Schadensbild in K's Sondereigentum darlegt und Reparaturmaßnahmen vorschlägt, sowie ein Gutachten zur Beurteilung der Nord- und Ostfassaden hinsichtlich Schimmelbildung. Stattdessen beauftragen die Wohnungseigentümer den Verwalter, eine Vereinbarung zwischen K und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu entwerfen, in welcher die Übernahme der Kosten für die Erstellung eines Gutachtens zur Beurteilung der Nord- und Ostfassaden geregelt wird. Nach der Vereinbarung soll die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Kosten des Gutachtens tragen, wenn allein die Bausubstanz des gemeinschaftlichen Eigentums als Ursache für die Schimmelbildung festgestellt wird. Hingegen soll K die Kosten übernehmen, wenn die Bausubstanz des gemeinschaftlichen Eigentums nicht als Ursache der Schimmelbildung festgestellt wird. Ferner wird beschlossen, dass der Verwalter nach Klärung der Kostentragung einen vereidigten und von der Handwerkskammer zugelassenen Gutachter beauftragen soll.
  2. Gegen diese Beschlüsse geht K vor. Ferner verlangt er die 7.699,83 EUR als Schadensersatz.
 

Die Entscheidung

Die Anfechtungsklage sei unzulässig. Die "Negativbeschlüsse" entfalteten keine Sperrwirkung. Dies gelte insbesondere, wenn die Möglichkeit einer erneuten Beschlussfassung über denselben Gegenstand nicht eingeschränkt werde (Hinweis auf Elzer, in Jennißen, WEG, 3. Aufl. 2012, vor §§ 23 – 25 Rn. 124). Für die "Positivbeschlüsse" fehle das Rechtsschutzinteresse, weil K durch Schweigen oder "Nein-Sagen" jedwede nachteilige Folge vermeiden könne.

Der Zahlungsantrag sei zulässig, jedoch unbegründet. Die anderen Wohnungseigentümer schuldeten nur Schadensersatz, wenn ein Mangel am gemeinschaftlichen Eigentum zu Schäden im Bereich des Sondereigentums führt und sie ein Verschulden treffe. So liege es nicht.

 

Kommentar

Anmerkung

Die hier stark gekürzte Entscheidung erinnert vor allem daran, dass Beschlüsse, mit denen ein Beschlussantrag abgelehnt wird ("Negativbeschluss"), keine "Sperrwirkung" haben. Ferner streift die Entscheidung, ob und wann die Wohnungseigentümer für die Verzögerung einer Einhaltungsmaßnahme Schadensersatz schulden. Die Grundsatzentscheidung hierzu – BGH v. 17.10.2014, V ZR 9/14 – war dem AG dabei noch nicht bekannt.

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. In der Praxis klagt ein Wohnungseigentümer immer wieder, dass im Bereich seines Sondereigentums Schäden auftreten, die ihre Ursache im gemeinschaftlichen Eigentum haben. Diesen Hinweisen muss der Verwalter im Rahmen von § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG nachgehen. Lehnt es der Verwalter ab, der Ursache nachzugehen, obgleich ein Mangel am gemeinschaftlichen Eigentum nicht von vornherein auszuschließen ist, handelt er pflichtwidrig (OLG München v. 15.5.2006, 34 Wx 156/05, ZWE 2007 S. 100; LG München I v. 15.10.2012, 1 S 26801/11, BeckRS 2013, 07169).
  2. Notwendig, aber auch ausreichend ist also grundsätzlich eine Information der anderen Wohnungseigentümer und die Klärung, ob namens und auf Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein Gutachten in Auftrag gegeben werden soll. Von Gesetzes wegen kann der Verwalter weder ein Gutachten in Auftrag geben noch andere Schritte unternehmen (LG München I v. 15.10.2012, 1 S 26801/11, BeckRS 2013, 07169). Anders liegt es nur in den sehr seltenen Notfällen (§ 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG) oder wenn die Wohnungseigentümer den Verwalter wirksam ermächtigt haben, insoweit ohne sie zu handeln (LG München I v. 15.10.2012, 1 S 26801/11, BeckRS 2013, 07169). Die Information ist grds. auf der regulären Versammlung zu geben. Anders liegt es, wenn ein Wohnungseigentümer einen erheblichen Schaden beklagt – vor allem wenn Räume seines Sondereigentums unbewohnbar sind. Dann muss der Verwalter die Wohnungseigentümer im Rahmen einer außerordentlichen Versammlung über die vorhandenen Schäden unterrichten und eine Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeiführen (LG München I v. 15.10.2012, 1 S 26801/11, BeckRS 2013, 07169).

Muster: Schäden im Sondereigentum

Der Verwalter informiert die Wohnungseigentümer über Schäden im Bereich des Sondereigentums von Wohnungseigentümer ___. Er regt an, namens und auf Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Sachverständigen damit zu beauftragen, die Ursachen der Schäden zu ermitteln. Er erklärt sich bereit, Angebote von 3 Sachverständigen für ___ einzuholen.

 

Link zur Entscheidung

AG Hamburg-Blankenese, Urteil v. 8.1.2014, 539 C 17/13

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