1 Leitsatz

Die Wohnungseigentümer können ihre Rechte gegen den Bauträger in Bezug auf die ordnungsmäßige Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums vergemeinschaften. Ohne schlüssige Darlegung und ohne Vorlage eines auf die Vergemeinschaftung gerichteten Beschlusses ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer allerdings nicht aktivlegitimiert und eine von dieser auf Vorschusszahlung gerichtete Klage abzuweisen.

2 Normenkette

WEG § 10 Abs. 6 Satz 3

Sachverhalt

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer klagt gegen den Bauträger auf Vorschuss wegen Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum. Streitig ist, ob die Wohnungseigentümer die Mängelrechte vergemeinschaftet haben. Das Landgericht (LG) verneint die Frage.

Entscheidung

Es sei weder dargelegt noch bewiesen, wann die Wohnungseigentümer ihre Ansprüche gegen den Bauträger in Bezug auf die ordnungsmäßige Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums vergemeinschaftet hatten. Selbst auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung sei weder ein konkreter Beschluss benannt noch nach Hinweis des Gerichts auf die fehlende Sachbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein Schriftsatzrecht für eine spätere Vorlage eines Beschlusses beantragt worden. Dieser Beschluss sei aber notwendig. Denn die bloße Befassung der Wohnungseigentümer mit einem Anspruch, der vergemeinschaftet werden könnte, genüge ebenso wenig, wie die bloße Klageerhebung als solche. Ein Beschluss zur Vergemeinschaftung könne zwar bereits – stillschweigend – in dem Beschluss stecken, dass der Verwalter der Vergemeinschaftung zugängliche Rechte für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend machen solle (Hinweis u. a. auf BGH, Urteil v. 10.7.2015, V ZR 169/14, MDR 2015 S. 1057). Auch ein solcher Beschluss sei aber weder vor- noch dargelegt worden.

Hinweis

Auch in diesem Fall geht es wie in dem unmittelbar davor dargestellten um einen Bauträgervertrag. Wie beim dortigen Hinweis erläutert, haben die Wohnungseigentümer die Möglichkeit und das Recht, einen Teil ihrer gegenüber dem Bauträger bestehenden Mängelrechte zu vergemeinschaften. Nur wenn die Wohnungseigentümer so vorgehen, ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer insoweit berechtigt, gegen den Bauträger vorzugehen. Der Fall ist daher eine Warnung für jeden Verwalter, das Notwendige rechtzeitig zu organisieren und sein Tun und die Überlegungen der Wohnungseigentümer angemessen zu dokumentieren. In der Praxis bietet sich dazu u. a. folgendes Vorgehen an:

  • Klärung, wann die Mängelrechte der Wohnungseigentümer gegen den Bauträger verjähren. Diese Klärung ist anspruchsvoll. Da der Ablauf der Verjährung mit der Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums beginnt, ist zu klären, ob es diese Abnahme gab, wann diese stattgefunden hat und ob diese wirksam war. Insoweit dürfte es häufig richtig sein, nach Ermächtigung der Wohnungseigentümer mit der Klärung einen Rechtsanwalt zu beauftragen.
  • Ist klar, dass es noch unverjährte Mängelrechte gibt und ist ferner klar (gegebenenfalls nach einer Begutachtung), dass es Mängel gibt, sollten die Wohnungseigentümer über die Möglichkeit informiert werden, einen Teil der Mängelrechte durch eine Vergemeinschaftung zu einer Aufgabe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu machen. Keinesfalls sollte der Verwalter insoweit von gesetzlichen Notkompetenzen, etwa einem selbstständigen Beweisverfahren oder einer Klageerhebung, Gebrauch machen. Denn bei einem ordnungsmäßig organisierten Mängelmanagement muss ausreichend Zeit bestehen, die Wohnungseigentümer mit den Fragen zu befassen.
  • Ferner sollte der Verwalter einen Beschlussvorschlag haben, wie man vergemeinschaften könnte. Gegebenenfalls bedient er sich dazu des nachfolgenden Musters.
 

Muster: Vergemeinschaftung Mängelrechte

  1. Die Geltendmachung der Mängelansprüche der Wohnungseigentümer als Besteller gegen ___ (Bauträger) am gemeinschaftlichen Eigentum werden mit Ausnahme des großen Schadensersatzes und des Rücktritts der Wohnungseigentümergemeinschaft ___ (Name) übertragen.
  2. Der Verwalter wird ermächtigt, im Namen der Wohnungseigentümer und im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft ___ (Name) die erforderlichen und zweckdienlichen Handlungen vorzunehmen sowie die notwendigen und zweckdienlichen Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen.
  3. Die Ermächtigung umfasst die gerichtliche und außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche. Der Verwalter ist befugt, mit Rechtsanwalt ___ (Name; Adresse) zur außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche der Wohnungseigentümer als Erwerber im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft ___ (Name) einen Vertrag zu schließen.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: _____

Nein-Stimmen: _____

Enthaltungen: _____

Der Versammlungsleiter verkündet folgendes Beschlussergebnis:

___________________

Der Beschluss, ____ (Inhalt), wurde angenommen/abgelehnt.

3 Link zur Entscheidung

LG Karlsruhe, Urteil v. 20.7.2018, 6 O 320/17

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