Rdn 3108

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Maßnahmen ohne Wissen des Betroffenen, Allgemeines, Teil M Rdn 3052.

 

Rdn 3109

1. Für BVV kann man m.E. auf die Ausführungen bei → Telefonüberwachung, Beweisverwertungsverbote, Teil T Rdn 4311, verwiesen werden (a.A. offenbar Löffelmann ZIS 2006, 97, wegen der dezidierten gesetzgeberischen Entscheidung). Diese wird man wegen des tiefer gehenden Grundrechtseingriffs (→ Maßnahmen ohne Wissen des Betroffenen, außerhalb von Wohnraum, Teil M Rdn 3095) grds. entsprechend anwenden können (zur Verwertbarkeit einer heimlich hergestellten Bildaufnahme im Hinblick auf die Art. 1, 2 GG OLG Schleswig NJW 1980, 352).

 

☆ Fraglich ist, ob der Verteidiger in der HV der Verwertung unzulässig gewonnener Erkenntnis widersprechen muss. M.E. muss der Verteidiger wegen der erkennbaren Tendenz in der Rspr. des BGH, das Widerspruchserfordernis auszudehnen (dazu Burhoff , HV, Rn 3742 ff.), widersprechen (s.a. KK- Bruns , § 100d Rn 44 und § 100f Rn 27 m.w.N.; offengelassen in BGH NJW 2005, 3295, 3298; a.A. Meyer-Goßner/Köhler , § 100e Rn 31; eingehend zur Disponibilität von Verwertungsverboten KK- Bruns , § 100d Rn 39 ff.). Das gilt insbesondere, nachdem der BGH auch bei der Verwertung von Erkenntnissen aus einer TÜ einen Widerspruch als erforderlich angesehen hat (BGH StV 2001, 545). ist, ob der Verteidiger in der HV der Verwertung unzulässig gewonnener Erkenntnis widersprechen muss. M.E. muss der Verteidiger wegen der erkennbaren Tendenz in der Rspr. des BGH, das Widerspruchserfordernis auszudehnen (dazu Burhoff, HV, Rn 3742 ff.), widersprechen (s.a. KK-Bruns, § 100d Rn 44 und § 100f Rn 27 m.w.N.; offengelassen in BGH NJW 2005, 3295, 3298; a.A. Meyer-Goßner/Köhler, § 100e Rn 31; eingehend zur Disponibilität von Verwertungsverboten KK-Bruns, § 100d Rn 39 ff.). Das gilt insbesondere, nachdem der BGH auch bei der Verwertung von Erkenntnissen aus einer TÜ einen Widerspruch als erforderlich angesehen hat (BGH StV 2001, 545).

 

Rdn 3110

 

2. Ein BVV besteht,

wenn die Erkenntnisse unter völliger Umgehung der §§ 100c, 100e erlangt worden sind (Meyer-Goßner/Köhler, § 100c Rn 14 unter Hinw. auf BGHSt 34, 39),
wenn im Fall der Anordnung nach § 100c bzw. § 100f keine Katalogtat vorgelegen hat (Meyer-­Goßner/Köhler, a.a.O.),

wenn beim "Großen Lauschangriff" gegen das Erhebungsverbot des § 100e Abs. 1 verstoßen worden ist (BVerfG NJW 2004, 999; KK-Bruns, § 100d Rn 28 – sog. Kernbereichsverletzung),

 

☆ Ist durch das Abhören in den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung eingegriffen worden, besteht für die Verwertung der dabei gewonnenen Erkenntnisse schon nach der Rspr. des BVerfG ein verfassungsrechtliches BVV (BVerfG NJW 2004, 999, 1007). I.Ü. sind die Äußerungen auch nach § 100e Abs. 5 Nr. 3 unverwertbar, nach der Rspr. des BGH (vgl. BGHSt 54, 69) allerdings nur diejenigen, die durch die Kernbereichsverletzung gewonnenen worden sind. Etwas anderes gilt, wenn schon bei der Anordnung der Maßnahme erkennbar gegen den Kernbereichsschutz verstoßen worden ist (BGHSt, a.a.O.).verfassungsrechtliches BVV (BVerfG NJW 2004, 999, 1007). I.Ü. sind die Äußerungen auch nach § 100e Abs. 5 Nr. 3 unverwertbar, nach der Rspr. des BGH (vgl. BGHSt 54, 69) allerdings nur diejenigen, die durch die Kernbereichsverletzung gewonnenen worden sind. Etwas anderes gilt, wenn schon bei der Anordnung der Maßnahme erkennbar gegen den Kernbereichsschutz verstoßen worden ist (BGHSt, a.a.O.).

Über dieses Verwertungsverbot entscheidet bei Unterbrechung unverzüglich das anordnende Gericht. Seine Entscheidung ist nach § 100e Abs. 4 S. 6 i.V.m. Abs. 3 S. 4 bindend. Insoweit ist dann auch in der HV kein Widerspruch erforderlich (Löffelmann ZIS 2006, 98).

bei Verstößen gegen die Befristung der Überwachungsmaßnahme (KK-Bruns, § 100d Rn 36, der allerdings "marginale Zeitüberschreitungen" ausnehmen will),
wenn beim "Großen Lauschangriff" die Voraussetzungen des Abhörverbots nach § 100d Abs. 5 vorliegen (→ Maßnahmen ohne Wissen des Betroffenen, Akustische Wohnraumüberwachung, Teil M Rdn 3078; Meyer-Goßner/Köhler, § 100c Rn 14),
beim "Großen Lauschangriff" nach § 100d Abs. 5 S. 1 Hs. 2 i.V.m. Abs. 2 für Erkenntnisse aus einer versehentlichen Überwachung von Berufsgeheimnisträgern,
bei kumulierenden Ermittlungsmaßnahmen (dazu BGHSt 46, 266; 54, 69; → Maßnahmen ohne Wissen des Betroffenen, außerhalb von Wohnraum, Teil M Rdn 3091) unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zumindest hinsichtlich der Erkenntnisse, die das "Fass zum Überlaufen gebracht haben" (Steinmetz NStZ 2001, 347 m.w.N.; Schneider NStZ 2001, 9; offengelassen von BGH, a.a.O.; vgl. zu solchen Ermittlungsmaßnahmen BVerfG NJW 2005, 1338), was allerdings zu Problemen bei der sog. Fernwirkung führen wird (Steinmetz, a.a.O.),
grds. wohl wegen der Bedeutung des Schutzes der Privatsphäre auch im Fall eines Verfahrensverstoßes, insbesondere, wenn eine Abhörmaßnahme ohne richterliche Anordnung erfolgt ist (BGHSt 44, 138; s.a. BGHSt 31, 304; 35, 32 zu §§ 100a, 100b a.F.)...

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