Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung. Berücksichtigung von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen ohne Begrenzung auf die Beitragsbemessungsgrenze. Verfassungsmäßigkeit der Beitragsbemessungsgrenze

 

Orientierungssatz

1. Die in der gesetzlichen Rentenversicherung geltende Beitragsbemessungsgrenze (§§ 157, 159, 260 SGB VI) ist verfassungsgemäß. Die Beitragsbemessungsgrenze gewährleistet unter verschiedenen Gesichtspunkten ein Mindestmaß an Chancen- und Lastengleichheit zwischen den Beitragszahlern und den Rentenempfängern. Die auf versicherungsrechtlichen Vorleistungen, insbesondere Beitragszahlung, beruhenden Rechte und Ansprüche können nur in diesen Grenzen entstehen und bestehen. Verdienste oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze sind versicherungsrechtlich nicht relevant.

2. Die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze im Zusammenhang mit der Um- und Hochwertung der in der DDR erzielten Entgelte verstößt nicht gegen Artikel 14 Abs. 1 GG. Der Schutz des Artikel 14 Abs. 1 GG erstreckt sich allein auf die nach Maßgabe des Einigungsvertrages ausgestalteten und als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannten Ansprüche und Anwartschaften aus der Sozialversicherung und den Zusatzversorgungssystemen, nicht jedoch auf die in der DDR erworbenen Rechte des Einzelnen gegen die sozialen Sicherungssysteme der DDR. Eigentumsschutz genießen sie nur, sofern sie durch den Einigungsvertrag und die diesen umsetzenden nachfolgenden bundesdeutschen Gesetze ausgestaltet worden sind.

3. Die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze verstößt auch nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 GG.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Berücksichtigung seiner in der Zeit vom 1. Januar 1973 bis 30. Juni 1990 erzielten Entgelte ohne Begrenzung auf die Werte der Anlage 3 zum Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (AAÜG).

Der 1939 geborene Kläger war vom 17. September 1960 bis zum 31. Dezember 1990 Angehöriger der Transportpolizei der Deutschen Demokratischen Republik (DDR).

Der Kläger beantragte am 26. März 1999 bei der Beklagten die Zahlung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres. Daraufhin teilte die Polizeidirektion Halle in ihrer Eigenschaft als Sonderversorgungsträger mit Schreiben vom 4. Juni 1999 der Beklagten u.a. die Zeiten der Zugehörigkeit des Klägers zum Sonderversorgungssystem Nr. 2 der Anlage 2 zum AAÜG sowie die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte mit. Mit Bescheid vom 18. Oktober 1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 1. November 1999. Der Berechnung der Rente legte sie für den Zeitraum 1. Januar 1973 bis 30. Juni 1990 Entgelte nur bis zur Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze nach Anlage 3 zum AAÜG zu Grunde. Mit Schreiben vom 14. November 1999 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Rentenbescheid. Insoweit noch Gegenstand des Rechtstreits wandte er sich gegen die Begrenzung der Entgelte auf die Beitragsbemessungsgrenze, da er 10 % seines Bruttogehaltes an die Sozialversicherung habe abführen müssen und diese rentenwirksam werden müssten. Darüber hinaus sei ihm eine private Vorsorge nicht möglich gewesen.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2001 zurück. Zum noch streitgegenständlichen Begehren des Kläger führte sie aus, dass der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) am 28. April 1999 in vier Urteilen über die Verfassungsmäßigkeit der Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR entschieden habe. Danach sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung überführt worden sind und dass Arbeitsentgelte bzw. Arbeitseinkommen nach dem AAÜG nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenberechnung zu Grunde zu legen sind. Soweit der Kläger die Berücksichtigung von Entgeltteilen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze nach den Regelungen der Höherversicherung begehre, scheitere dies daran, dass die in Rede stehenden Entgeltanteile, die nach erfolgter Hochwertung mittels der Werte der Anlage 10 zum SGB VI auf Westniveau die Beitragsbemessungsgrenze (West) überschritten und auf diese zu begrenzen seien, keine Beiträge der Höherversicherung oder Beiträge nach § 248 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) seien, die nach § 269 SGB VI durch Steigerungsbeträge abzugelten seien.

Mit seiner am 19. Februar 2001 zum Sozialgericht Halle erhobenen Klage hat der Kläger sein Anliegen weiter verfolgt. Die Klage hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 17. Juli 2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Berücksichtigung ungekürzter Entgelte habe. Nach § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG sei...

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