Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung einer Atemwegserkrankung als Berufskrankheit

 

Orientierungssatz

1. Für die Anerkennung einer Atemwegserkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 4301 und Nr. 4302 BKV muss der Versicherte aufgrund seiner versicherten Tätigkeit den Einwirkungen chemisch-irritativ oder toxisch wirkender bzw. allergisierender Stoffe ausgesetzt gewesen sein. Die obstruktive Atemwegserkrankung muss durch diese Einwirkungen verursacht oder verschlimmert worden sein. Und die Erkrankung muss zum Unterlassen aller gefährdenden Tätigkeiten gezwungen haben. Schließlich darf der Versicherte tatsächlich keine solche Tätigkeit mehr ausüben.

2. Die Aufgabe der belastenden Tätigkeit muss in einer zeitlichen Beziehung zur maßgeblichen Krankheit stehen. Folglich muss die Krankheit schon bei der Entstehung des Unterlassungszwangs vorgelegen haben. Die Aufgabe der Tätigkeit muss krankheitsbedingt erzwungen sein. Damit muss die Tätigkeit bis zum Entstehen des Zwangs noch ausgeübt worden sein.

3. Typische obstruktive Atemwegserkrankungen sind das Asthma bronchiale, die Rhinopathie, die chronische obstruktive Bronchitis (COPD) und das Lungenemphysem. Sind entsprechende Erkrankungen bis zur Berufsaufgabe nicht dokumentiert und ist eine entsprechende Diagnose erstmals nach der endgültigen Aufgabe der atemwegsbelastenden Tätigkeit vorhanden, so sind die Voraussetzungen zur Anerkennung einer entsprechenden Berufskrankheit nicht erfüllt.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Anerkennung ihrer Atemwegserkrankung als Berufskrankheit der Nummern 4301 bzw. 4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

Die 1956 geborene Klägerin erlernte von 1973 bis 1976 den Beruf der Krankenschwester und arbeitete bis 1983 in diesem Lehrberuf. Von 1983 bis 1986 war sie als Verkäuferin tätig und nahm 1986 die Tätigkeit einer Gemeindeschwester auf. Seit 1990 ist sie als Altenpflegerin tätig. Sie war seit dem 17. Oktober 2005 wegen einer Hauterkrankung arbeitsunfähig erkrankt. Zuvor hatte es wegen dieser Erkrankung bereits seit dem 5. August 2005 mehrere Kurzerkrankungen gegeben. Der Arbeitgeber der Klägerin beendete das Arbeitsverhältnis als Altenpflegerin aus krankheitsbedingten Gründen mit Ablauf des 30. September 2006.

Am 19. Juli 2006 zeigte die Klägerin der Beklagten den Verdacht einer berufsbedingten Atemwegserkrankung an. Sie führte dies auf ihre beruflichen Tätigkeiten im Umgang mit Duftstoffen zurück. Die Beklagte holte von dem Facharzt für Arbeitsmedizin Dr. S. den Befundbericht vom 22. Dezember 2005 ein: Danach war die Testung auf Latex, Medikamente, Haushaltschemie, spezielle Duftstoffe, Feldtiere, Geflügel, Hausstaub, Milben, Pollen, Farben und Desinfektionsmittel im September 2005 negativ ausgefallen.

In dem Gutachten für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 28. September 2005 führte die Fachärztin für Hautkrankheiten und Allergologie Dr. F. aus, die Klägerin habe berichtet, ihr seien Hustenanfälle schon seit Jahren bekannt. Im April 2005 sei sie wegen einer Bronchitis arbeitsunfähig gewesen. Bei Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit sei es zu einer massiven Verschlechterung gekommen. Im Epikutantest habe sie auf die Duftstoffe Geraniol und Arnika positiv reagiert. Es komme verstärkt zu Atemnotanfällen. Die Beklagte holte weitere Befundberichte ein: Die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. P. teilte unter dem 25. Oktober 2006 mit, die Klägerin habe sie wegen einer akuten Sinubronchitis erstmals 1997 aufgesucht. Wegen dieser Erkrankung sei sie vom 22. Februar bis 2. März 1997, am 13. Dezember 2000 und vom 7. bis 27. April 2005 arbeitsunfähig erkrankt gewesen.

In dem von der Beklagten bei der Barmer Ersatzkasse eingeholten Verzeichnis sind Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 22. Februar bis 2. März 1997 wegen einer Sinubronchitis sowie vom 22. Januar bis 26. Januar 2001 und 8. bis 27. April 2005 jeweils wegen einer Bronchitis vermerkt.

Laut Mitteilung des Arbeitgebers aus November 2005 hatte die Klägerin während ihrer Beschäftigung Kontakt zu Vinyl, Latex Lysoform AHD 2000, Majola und Luphenil sowie Sterillium.

Die Beklagte erhielt den Befundbericht des Arztes für Innere Medizin Dr. V. vom 25. Oktober 2006. Danach habe er die Klägerin erstmals am 8. März 2006 wegen eines postviralen Hustenkomplexes behandelt. Er fügte das Laborergebnis des Facharztes für Laboratoriumsmedizin und Pathophysiologie Prof. Dr. S. vom 9. März 2006 und das Ergebnis der von ihm am 10. Juli 2006 und am 12. Oktober 2006 durchgeführten Bodyplethysmographien bei.

Die Beklagte beauftragte den Ärztlichen Direktor der Lungenklinik L. Prof. Dr. L. mit der Erstattung des Gutachtens vom 13. Juni 2007 nach Untersuchung der Klägerin im Zeitraum vom 7. bis 10. Mai 2007. Dieser führte aus, mittels spezifischer allergologischer und lungenfunktioneller Diagnostik habe die Kontaktdermatose durch Duftstoffmix bestätigt werden können; Lungenvolumina und Ventilationswer...

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