Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenübernahme von allergendichten Matratzenzwischenbezügen bei Vorliegen einer Hausstaubmilbenallergie. Abzug von Anschaffungskosten für entsprechenden allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens

 

Leitsatz (amtlich)

Antiallergene Matratzenzwischenbezüge (in Form sog Encasings) sind im Gegensatz zu antiallergener Bettwäsche keine allgemeinen Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens.

 

Orientierungssatz

Bei der Kostenübernahme durch die Krankenkassen sind die Anschaffungskosten für einen entsprechenden allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens (hier: gewöhnlicher Matratzenschoner) in Abzug zu bringen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 15.03.2012; Aktenzeichen B 3 KR 2/11 R)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 28. Februar 2006 - S 2 KR 80/05 - wird, soweit es der Klage stattgegeben hat, unter Zurückweisung der Berufung wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 122,00 EUR zu zahlen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsrechtszug. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zweitinstanzlich die Kostenerstattung für die Anschaffung zweier allergendichter Matratzenzwischenbezüge (sog. Encasings).

Der Kläger leidet an einer Allergie gegen Hausstaubmilben. Unter Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung beantragte er mit Schreiben vom 9. November 2004 die Kostenübernahme ua für allergendichte Matratzenzwischenüberzüge für das eigene und für das Partnerbett. Nach einem Kostenvoranschlag der Fa. A. beliefen sich die Kosten hierfür auf 152,00 EUR.

Mit Bescheid vom 10. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2005, dem Kläger zugegangen am 24. Februar 2004, lehnte die Beklagte den Antrag ab. Bei den Überzügen handele es sich um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Außerdem seien sie nicht ins Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen.

Mit seiner am 24. März 2005 beim Sozialgericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hat verschiedene Unterlagen zur Unterstützung seiner Rechtsposition vorgelegt, darunter die Kurzfassung einer evidenzbasierten und konsentierten Leitlinie des Aktionsbündnisses Allergieprävention (abap), ein Schreiben des Bundesversicherungsamtes vom 19. Juli 2005, wonach im Einzelfall zu entscheiden sei, ob es sich bei den Zwischenbezügen um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handele, sowie weitere ärztliche Stellungnahmen.

Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, sie sei nicht in der Lage, die therapeutische Wirksamkeit der Überzüge zu überprüfen; dies sei Aufgabe des Herstellers, der die Aufnahme seines Produktes ins Hilfsmittelverzeichnis erstrebe. Allergendichte Bezüge seien nicht in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen worden. Antiallergene Bettwäsche sei von den Aufsichtsbehörden der Sozialversicherungsträger im April 2005 als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens angesehen worden. Hierzu gehörten auch die begehrten Zwischenbezüge.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 28. Februar 2006 unter Abweisung des weitergehenden Antrages,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10. November 2004 idF des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2005 verurteilt, die Kosten für zwei allergendichte Matratzenbezüge abzüglich der Kosten für einfache Matratzenschoner als Auflage für Nichtallergiker zu übernehmen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die antiallergenen Bettzwischenbezüge Hilfsmittel iSd § 33 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) seien. Da der Kläger an einer Hausstaubmilbenallergie leide, sei seine Versorgung mit den Matratzenzwischenbezügen erforderlich, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Die Eignung und Notwendigkeit des Hilfsmittels für diesen Zweck ergebe sich aus dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse, wie sie sich aus den vorgelegten sowie aus den weiteren vom Sozialgericht recherchierten Unterlagen ergäben. Die Erforderlichkeit erstrecke sich auch auf das Partnerbett, wie die recherchierte Fachliteratur zeige. Die vom Kläger ausgewählten Bezüge der Fa. A. wiesen die erforderliche Qualität insbesondere bezüglich des Allergenrückhaltevermögens, der Atmungsaktivität und der Sicherheit des Benutzers auf. Auch die Wirtschaftlichkeit dieses Hilfsmittels sei gewährleistet, insbesondere im Vergleich zu den Kosten für eine ärztliche oder medikamentöse Allergiebehandlung. Bei den antiallergenen Matratzenbezügen handele es sich auch nicht um allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Im Gegensatz zu gebräuchlichen Matratzenschonern, die auch zusätzlich zur sonstigen Bettwäsche Verwendung finden, würden die Matratzenzwischenbezüge die Matratze vollständig umhüllen. Es handele sich damit um einen Gegenstand, der sowohl als Gebrauchsgegenstand als auch zu Zwecken der Krankenbehandlung eingesetzt werde, also eine Doppelfunktion erfülle. Da der Teil der Herstellungskosten, der auf die Hilfsmittelfunktion entfalle,...

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