Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. Fahrgemeinschaft. versicherter Heimweg. sachlicher Zusammenhang. Beginn bzw Beendigung. Handlungstendenz. gemeinsamer Rückweg zu Fuß. gemeinsame Fahrzeugnutzung erst im Wohngebiet des Versicherten. Weiterfahrt zur Wohnung des Kollegen. wiederholtes Zurücklegen desselben Weges. Pendeln

 

Leitsatz (amtlich)

Eine unfallversicherungsrechtlich geschützte Fahrgemeinschaft liegt nicht vor, wenn der Arbeits(rück-)weg des später verunglückten Versicherten im Wesentlichen beendet ist, bevor er seinen Kollegen mit dem Kraftfahrzeug nach Hause bringt. Dies ist dann der Fall, wenn beide vom Arbeitsplatz aus zu Fuß zum Wohngebiet des betroffenen Versicherten gehen und dort ein Kraftfahrzeug besteigen, um die Wohnung des Kollegen zu erreichen.

 

Orientierungssatz

Abzugrenzen von versicherten Fahrten im Rahmen des § 8 Abs 2 Nr 2 Buchst b SGB 7 ist ein so genanntes Pendeln und wiederholtes Zurücklegen desselben Weges, da in diesen Fällen der Fahrer sein Ziel bereits erreicht hat (vgl BSG vom 12.1.2010 - B 2 U 36708 R = SozR 4-2700 § 8 Nr 37.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer beansprucht Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Feststellung eines Arbeitsunfalls.

Der damals 27jährige Beschwerdeführer erlitt am 24. März 2012 bei N. in Fahrtrichtung M. einen Verkehrsunfall, bei dem er aus seinem Kraftfahrzeug geschleudert wurde und sich ein Polytrauma mit langfristigen Folgen zuzog. Die nachfolgende Behandlung erfolgte auf Kosten seiner Krankenversicherung. In einem von dort übersandten Unfallfragebogen gab der Beschwerdeführer am 18. April 2012 an, er habe einen "Bekannten" nach H. gefahren; danach wisse er für mehrere Tage nichts mehr. Der Beschwerdeführer blieb behandlungsbedürftig; die Ärzte der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. in H. erstatteten erstmals einen Durchgangsarztbericht über die Behandlung ab 28. Januar 2013. Dabei wurde seitens der Ärzte wiedergegeben, der Beschwerdeführer sei am Unfalltag bis ca. 20 Uhr in seinem Beruf als Dachdecker tätig gewesen. Ein Arbeitskollege, der anders nicht mehr nach Hause gekommen wäre, habe ihn gebeten, ihn nach Hause zu fahren. Auf dem Rückweg nach Hause habe sich der Unfall ereignet.

Die Arbeitgeberin des Beschwerdeführers lehnte es mit Schreiben vom 14. Februar 2013 auf entsprechende Aufforderung durch die Beklagte (zunächst) ab, eine Unfallanzeige zu erstatten, da es sich nicht um einen Arbeits- oder Wegeunfall gehandelt habe. Der Unfall habe sich ereignet, nachdem der Beschwerdeführer einen Arbeitskollegen nach Hause gefahren habe.

Den am 25. März 2013 ausgefüllten Fragebogen "Wegeunfall" übersandte der Beschwerdeführer mit der Angabe, bei dem Unfall sei er von der Wohnung des (namentlich benannten) Kollegen gekommen und zu seiner Zweitwohnung in K. gefahren. Zuvor sei er vom Lager seiner Arbeitgeberin am gleichen Ort - wie gewöhnlich zu Fuß - über etwa 500 Meter zu seiner Wohnstraße gegangen, um dort seinen PKW zu holen. Dann habe er seinen Kollegen, der weder einen Führerschein habe noch um die Zeit des Arbeitsendes noch öffentliche Verkehrsmittel habe erreichen können, auf Anweisung seines Arbeitgebers nach Hause gefahren. Die Fahrtstrecke von Hin- und Rückweg sei 26 km lang; dafür benötige er etwa 40 Minuten. Andere Besorgungen habe er bei dieser Gelegenheit nicht gemacht oder machen wollen.

In ihrer Unfallanzeige vom 1. März 2013 teilte die Arbeitgeberin mit, der Beschwerdeführer habe seinen Kollegen - wie schon sehr oft - mitgenommen, um ihn nach Hause zu fahren und ihn auch dort abgesetzt. Danach sei er weitergefahren. Sie habe erst durch die Mutter des Beschwerdeführers von dem Unfall erfahren.

Eine weitere Nachfrage der Beklagten ließ sie anwaltlich mit Schreiben vom 8. Juli 2013 dahin beantworten, eine "explizite Beauftragung" des Beschwerdeführers, seinen Kollegen nach Hause zu bringen, habe nicht im Sinne einer dienstlichen Anweisung vorgelegen. Die Fahrzeit werde auch nicht vergütet. Ein Dienstwagen stehe allgemein nicht zur Verfügung. Der entstandene Sachschaden sei nicht von einer Firmenversicherung beglichen worden.

Mit Bescheid vom 31. Juli 2013 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab: Der zurückgelegte Weg habe mit der betriebsdienlichen Tätigkeit nicht mehr im Zusammenhang gestanden. Der Versicherungsschutz habe mit Erreichen der Wohnung, nämlich in dem Moment geendet, als der Beschwerdeführer zu Hause gewesen sei, um sein Auto abzuholen. Die nachfolgende Fahrt gehöre zum persönlichen Wirkungskreis.

Mit Schreiben vom 9. August 2013 legte der Beschwerdeführer dagegen Widerspruch ein: Er habe nicht sein Wohnhaus betreten, als er sein Auto geholt habe. Er sei direkt zum Parkplatz gegangen. Er habe von H. aus nach einem Zwischenstopp zum Duschen wie jedes Wochenende zu seinem Erstwohnsitz nach Hause fahren wollen. Auch andere Mitarbeiter hätten bei Fehlen anderer Möglichkeiten den besagten Kollegen schon mi...

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