Verfahrensgang

SG Trier (Urteil vom 18.07.1991; Aktenzeichen S 2 I 26/90)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.08.1994; Aktenzeichen 13 RJ 11/94)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 18.7.1991 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten für eine selbst beschaffte Haushaltshilfe.

Die Klägerin nahm vom 1.2. bis zum 1.3.1989 an einer von der Beklagten bewilligten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme teil. Zu dieser Zeit lebte im Haushalt der Klägerin nur noch ihr am … 1963 geborener Sohn, der aufgrund der Folgen am 2.11.1980 und 29.9.1984 erlittener Unfälle als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 100 anerkannt ist (Bescheid des Versorgungsamtes Trier vom 5.12.1988). Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche G und B sind festgestellt.

Am 22.12.1988 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe, die sie für die gesamte Dauer der Maßnahme täglich von 10 Uhr bis 15 Uhr mit einem Stundenlohn von 10,– DM einstellen wolle.

Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 30.1.1989 ab, weil die Behinderung des Sohnes nach Vollendung des 18. Lebensjahres eingetreten sei und er sich zu diesem Zeitpunkt nicht in Schul- oder Berufsausbildung befunden habe.

Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte die den Sohn der Klägerin betreffende Schwerbehindertenakte bei. Dr B. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten wertete die darin befindlichen Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr A. vom 23.11.1986 und des Dr P. vom 25.11.1988 aus. Er nahm dahingehend Stellung, beim Sohn der Klägerin liege keine derart gravierende intellektuelle und somatische Behinderung vor, daß er nicht in der Lage wäre, die notwendigen Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens ohne Haushaltshilfe zu verrichten.

Gestützt auf diese Stellungnahme und die Begründung im angefochtenen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.1.1990 den Widerspruch der Klägerin zurück.

Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Trier mit Urteil vom 18.7.1991 den Bescheid vom 30.1.1989 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.1.1990 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin die Kosten der Haushaltshilfe gemäß den gesetzlichen Vorschriften zu zahlen. Es hat ausgeführt, die Voraussetzungen des § 1237 b Abs. 1 Nr. 5 Reichsversicherungsordnung (RVO) seien erfüllt. Die Klägerin sei wegen der Teilnahme an der Rehabilitationsmaßnahme nicht in der Lage gewesen, ihren Haushalt weiterzuführen. Die Fortführung des Haushalts sei auch nicht durch eine andere im Haushalt lebende Person möglich gewesen. Der im Haushalt lebende Sohn der Klägerin sei behindertes Kind im Sinne der Vorschrift und auf Hilfe angewiesen gewesen. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 1237 b Abs. 1 Nr. 5 RVO sei von einer Altersbegrenzung bei einem behinderten Kind nicht auszugehen, denn auch beim Überschreiten der Altersgrenze von 18 Jahren bleibe man das Kind seiner Eltern. Auch im Wege der Auslegung könne eine Altersbegrenzung nicht begründet werden. Ohne Bedeutung sei deshalb, daß nach dem Sinn des Reha-Angleichungsgesetzes Haushaltshilfe als ergänzende Leistung künftig von allen in Betracht kommenden Trägern der Rehabilitation zu gewähren sei und die in der Krankenversicherung bereits durch das Gesetz zur Verbesserung von Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (KLVG) eingeführte Haushaltshilfe auf die Leistungen der Krankenversicherung zu begrenzen sei. Der Gesetzgeber hätte, sofern eine solche Auslegung gewünscht und gewollt gewesen wäre, dies durch eine entsprechende Bezugnahme auf die Familienhilfe regelnden Vorschriften der Krankenversicherung klarstellen können. Demgegenüber werde in § 1237 b Abs. 1 Nr. 5 RVO ausschließlich auf § 38 Abs. 4 SGB V verwiesen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, daß die möglicherweise in der Krankenversicherung prägenden Gedanken, daß die einem Versicherten zustehenden Leistungen nur dann gewährt werden sollten, wenn der mittelbar diese Leistungen empfangende Dritte dem Grunde nach familienversichert wäre, auf die Rentenversicherung übertragen werden könnten. Denn diese kenne das Institut der Familienversicherung nicht.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 12.8.1991 zugestellte Urteil am 9.9.1991 Berufung eingelegt.

Sie trägt vor, es sei davon auszugehen, daß der im Haushalt der Klägerin lebende Sohn behindert sei. Es liege jedoch keine derart gravierende intellektuelle und somatische Behinderung vor, daß er nicht in der Lage wäre, die beim Ablauf des Alltags anfallenden notwendigen Verrichtungen ohne fremde Hilfe selbst zu tätigen. Insoweit verweise sie auf das hier anzuwendende gemeinsame Rundschreiben der Spitzenverbände der Kranken-, Unfall-, Rentenversicherungsträger sowie der Bundesanstalt für Arbeit vom 31.10.1980. Entsch...

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