Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschaffung der Arbeitslosenhilfe. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Übergangsregelung. Höhe der Regelleistung. Anpassung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Ansprüche auf Arbeitslosenhilfe nach dem SGB 3 in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung ohne Übergangsregelungen in Ansprüche nach dem SGB 2 überführt hat.

2. Die gesetzlich festgeschriebene Regelleistung (§ 20 Abs 2 SGB 2) und die hiermit verbundene Einschränkung des Leistungsumfangs für ehemalige Bezieher von Arbeitslosenhilfe, die das ArbMDienstLG 4 vorgenommen hat, unterschreitet das verfassungsrechtlich vorgegebene Mindestleistungsniveau nicht.

3. Art 2 Abs 2 S 1 GG begründet keinen Anspruch auf eine bestimmte Versorgung durch den Staat, die über das allgemeine Maß öffentlicher Fürsorge hinausgeht. Im Übrigen tragen §§ 21 Abs 1-5, 22 Abs 5 und 23 Abs 1 SGB 2 diesem Grundrecht hinreichend Rechnung.

4. Es ist nicht zu beanstanden, dass noch keine Regelleistungserhöhung gemäß § 20 Abs 4 S 1 SGB 2 stattgefunden hat.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Berufung höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Der ... 1950 geborene, alleinstehende Kläger bezog bis 2002 Arbeitslosengeld und bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Am 21.10.2004 beantragte er die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II -). Die Agentur für Arbeit Trier bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 16.12.2004 ab dem 01.01.2005 bis zum 30.06.2005 monatlich 621,97 €. Dieser Betrag setzte sich aus einer Regelleistung in Höhe von 345,- € und den Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 276,97 € zusammen.

Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen wie folgt: Die Begründung des Bescheides sei gemäß § 35 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) unzureichend. Er bitte um nähere Begründung zu bestimmten Berechnungen. Der Bescheid sei auch verfassungswidrig, da das SGB II gegen Art 2, 12 Abs 2 und 3, 19 Abs 4, 20 und 80 Grundgesetz (GG) sowie Art 8 Abs 3 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte sowie das ILO-Übereinkommen Nr 29 und Nr 105 über die Abschaffung von Zwangsarbeit vom 05.07.1957 verstoße. Ferner sei ihm im November 2002 von Mitarbeitern der Agentur für Arbeit zugesichert worden, dass seine Arbeitslosenhilfe solange bestehen bleibe, bis er wieder Arbeit finde. Aufgrund dieser staatlichen Zusicherung habe er sodann einen Kredit in Höhe von 9.000,- € aufgenommen, den er wegen der verminderten Leistungen nach dem SGB II nicht mehr zurückzahlen könne.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2005 den Widerspruch zurück.

Das Sozialgericht Trier hat durch Gerichtsbescheid vom 02.06.2005 die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt: Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides genüge dem gesetzlichen Begründungserfordernis. Das SGB II sei auch nicht verfassungswidrig. Die Berechnung des Alg II sei ordnungsgemäß und werde auch vom Kläger nicht angegriffen. Eine verbindliche Zusicherung zur Weitergewährung von Arbeitslosenhilfe habe weder die Beklagte noch die Bundesagentur für Arbeit abgegeben. Hierfür mangele es bereits an der erforderlichen Schriftform.

Der Kläger hat gegen das am 16.06.2005 zugestellte Urteil am 13.07.2005 Berufung eingelegt. Er stützt sich auf eine gutachterliche Stellungnahme von Rechtsanwalt Ulf Wende zur Vereinbarkeit ausgewählter Normen des SGB II mit dem Grundgesetz.

Unter Bezug auf sein bisheriges Vorbringen beantragt er,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Trier vom 02.06.2005 und den Bescheid vom 16.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm höhere Leistungen zu gewähren,

hilfsweise,

das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Trier zurückzuverweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II.

Das Sozialgericht Trier hat in seinem Gerichtsbescheid vom 02.06.2005 zutreffend dargelegt, dass eine ausreichende Begründung des angefochtenen Bescheides vom 16.12.2004 durch den dem Bescheid beigefügten Berechnungsbogen erfolgt ist. Der Kläger hat auch selbst nicht behauptet, dass die Berechnung des Alg II nicht den Vorgaben des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) entspricht.

Das Sozialgericht ist in seinem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend davon ausgegangen, dass die hier maßgeblichen Regelungen des SGB II nicht verfassungswidrig sind. E...

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