Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 18.12.1975; Aktenzeichen S 2 Ar 81/75)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 18. Dezember 1975 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Mit der zugelassenen Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung, dem Kläger für die Dauer seiner beabsichtigten Ausbildung zum Zahntechniker eine Arbeitserlaubnis gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) in Verbindung mit §§ 1, 4 Abs. 3 der Arbeitserlaubnis-Verordnung (AEVO) zu erteilen.

Der 1952 geborene ledige Kläger ist iranischer Staatsangehöriger. Er reiste am 1. Dezember 1973 ohne Sichtvermerk in die Bundesrepublik ein, um die deutsche Sprache und das Zahntechnikerhandwerk zu erlernen. In der ihm von der Kreisverwaltung Bad Dürkheim – Ausländerbehörde – zuletzt bis 30. Juni 1975 erteilten Aufenthaltserlaubnis ist vermerkt: „Nur gültig für die Dauer des Studiums. Arbeitsaufnahme nur während der Semesterferien gestattet …” Den am 2. Juli 1975 gestellten Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis lehnte die Ausländerbehörde mit Verfügung vom 4. Juli 1975 ab, setzte jedoch die angedrohte Abschiebung bis zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits aus: Gemäß den von den Innenministern der Länder zur Ausländerpolitik aufgestellten Grundsätzen seien nach pflichtgemäßem Ermessen mit Zustimmung der Arbeitsverwaltung Ausnahmen vom Erfordernis eines vor der Einreise einzuholenden Sichtvermerks für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Arbeitsaufnahme zulässig, sofern lediglich eine Aus- oder Fortbildung beabsichtigt sei. Da die Zustimmung der Arbeitsverwaltung nicht erteilt worden sei, könne die Aufenthaltserlaubnis des Klägers nicht verlängert werden. Im Hinblick darauf, daß das Verfahren wegen der Arbeitserlaubnis jedoch noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, werde dem Kläger befristete Duldung gemäß § 17 des Ausländergesetzes (AuslG) erteilt.

Unter dem 5. März 1975 beantragte der Kläger beim Arbeitsamt Mannheim zunächst die Erteilung einer Arbeitserlaubnis als Praktikant im Laboratorium für Zahntechnik D. in M.. Dessen Inhaber bestätigte, daß der Kläger entsprechend dem Antrag beschäftigt werden solle.

Mit Bescheid vom 18. März 1975 lehnte das Arbeitsamt die beantragte Erlaubnis unter Berufung auf §§ 1 und 5 AEVO ab. Da im Bezirk M. eine größere Zahl Deutscher und ihnen gleichgestellter EG-Angehöriger Ausbildungsmöglichkeiten suchten, könne dem Kläger nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts auch unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse keine Arbeitserlaubnis für die beabsichtigte Ausbildung erteilt werden. Außerdem sei er nicht im Besitz einer zur Arbeitsaufnahme berechtigenden Aufenthaltserlaubnis. Eine Streichung des Sperrvermerks könne aus arbeitsmarktpolitischen Gründen gegenüber der Ausländerbehörde nicht befürwortet werden. Das am 1. August 1974 begonnene Beschäftigungsverhältnis sei daher unverzüglich zu beenden.

Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger aus, er habe sich im Juni 1974 bei der Zahntechniker-Innung in Karlsruhe mit Erfolg einer manuellen Eignungsprüfung unterzogen. Im Hinblick auf seine bei der Prüfung monierten noch mangelhaften deutschen Sprachkenntnisse habe er dann weiter eine Sprachschule besucht und nur in den Semesterferien, letztmals vom 1. Februar bis 20. März 1975, bei dem Zahntechnikermeister D. gearbeitet. Am 5. Februar 1975 habe er mit diesem einen am 14. Februar 1975 in die Lehrlingsrolle bei der Handwerkskammer Mannheim eingetragenen Berufsausbildungsvertrag als Zahntechniker abgeschlossen. Das vorgesehene Ausbildungsverhältnis solle am 1. September 1975 beginnen und am 28. Februar 1979 enden. Entgegen der Auffassung des Arbeitsamts gefährde die Erteilung der Arbeitserlaubnis für die beabsichtigte Ausbildung keine Ausbildungsplätze für Deutsche. Sein Ausbilder habe vielmehr lediglich aufgrund enger geschäftlicher Verbindungen mit einem Dental-Labor in Teheran eigens für ihn einen zusätzlichen Ausbildungsplatz eingerichtet. Diese außerplanmäßige Stelle werde nicht besetzt, wenn er sie aus irgendwelchen Gründen nicht in Anspruch nehmen könne.

Die Widerspruchsstelle des Arbeitsamts Mannheim wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 29. April 1975 zurück. Es sei nicht zu verantworten, die Vermittlungsmöglichkeiten der in großer Zahl zur Verfügung stehenden deutschen und ihnen gleichgestellten Ausbildungsbewerber zu verringern. Deshalb komme es nicht auf die Erklärung der Firma D. an, sie werde den Ausbildungsplatz anderweit nicht besetzen. So verhielten sich viele Firmen, die glaubten, auf diese Weise ihren Wunsch nach Einstellung eines bestimmten Ausbildungsbewerbers durchsetzen zu können, ohne die damit verbundene Erschwernis für deutsche Bewerber zu sehen. Das Arbeitsamt habe aber bei der Erteilung einer Arbeitserlaubnis gerade auf deren Belange Rücksicht zu nehmen.

Mit der entsp...

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