Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 06.09.1996; Aktenzeichen S 11 I 680/94)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 6.9.1996 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin aus der Versicherung des W. S. die vom 1.6.1992 bis zum 6.7.1992 und vom 4.8.1992 bis zum 31.1.1993 zu gewährende Erwerbsunfähigkeitsrente bis zur Höhe des für diese Zeiträume geleisteten Krankengeldes zu zahlen.

2. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Krankengeldzahlungen an den Versicherten W. S. gemäß § 103 Abs. 1 SGB X.

Der am … 1949 geborene Versicherte W. S. war seit dem 17.1.1992 arbeitsunfähig krank. Er erhielt von der Klägerin ab dem 28.2.1992 Krankengeld. Während einer stationären Behandlung in den Universitätskliniken des S. in H./S. stellte er am 24.6.1992 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Anschlußheilbehandlung. Die Klägerin hatte ihn hierzu vorher nicht gemäß § 51 SGB V aufgefordert. Die Maßnahme wurde mit Bescheid vom 8.7.19892 bewilligt. Vom 7.7.1992 bis zum 3.8.1992 wurde der Versicherte in der Rehabilitations-Klinik N. in Bad K. behandelt.

Am 24.2.1993 beantragte er die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- hilfsweise Berufsunfähigkeit. Zum Zeitpunkt, ab dem die Rente gewährt werden solle, äußerte sich der Versicherte nicht. Am … 1993 verstarb er.

Am 12.3.1993 meldete die klagende Krankenkasse einen Erstattungsanspruch gemäß § 50 SGB V i.V.m. § 103 SGB X an. Ein möglicherweise bestehender Anspruch auf Leistungen gehe für die Zeit, für die sie Krankengeld gewährt habe, auf sie über. Gemäß § 116 Abs. 2 SGB VI gelte der Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation als Antrag auf Rente.

Am 25.3.1993 schrieb die Beklagte dem – zwischenzeitlich verstorbenen – Versicherten, daß die durchgeführte Rena-Maßnahme ohne Erfolg geblieben und Erwerbsunfähigkeit anzunehmen sei. Der Rena-Antrag vom 24.6.1992 gelte daher als Rentenantrag. Dies habe zur Folge, daß eine etwaige Zahlung von Rente oder Übergangsgeld bereits früher beginne, der Anspruch auf Krankengeld dagegen entfallen könne.

Die Witwe des Versicherten teilte am 8.7.1993 telefonisch mit, daß das Datum des Rentenantrags und nicht das Datum des Reha-Antrags für den Rentenbeginn maßgebend sein solle.

Daraufhin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 12.7.1993 den Beginn der bis zum Ende des Sterbemonats (31.3.1993) bewilligten Erwerbsunfähigkeitsrente auf den 1.2.1993 fest.

Den von der klagenden Krankenkasse geltend gemachten Erstattungsanspruch lehnte die Beklagte ab. Die Witwe sei verfahrensrechtlich in die Rechtsposition des Versicherten eingetreten (§ 57 Abs. 2 SGB I) und habe als Sonderrechtsnachfolgerin sein Dispositionsrecht wirksam ausgeübt, zumal er zur Reha-Antragstellung nicht aufgefordert worden sei.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Speyer hat die Klägerin ihr Begehren auf Erstattung weiterverfolgt. Der Versicherte habe sein Dispositionsrecht nicht wahrgenommen. Dieses höchstpersönliche Recht könne von der Witwe nicht ausgeübt werden. Die gesetzliche Vorgabe in § 116 Abs. 2 SGB VI könne nicht durch die Sonderrechtsnachfolgerin beeinflußt werden.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß die Sonderrechtsnachfolgerin berechtigt sei, bereits gestellte Anträge zu erweitern, einzuschränken oder zurückzunehmen. Sie könne somit auch von der Rentenantragsfiktion Abstand nehmen.

Mit Urteil vom 6.9.1996 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe kein Erstattungsanspruch gemäß § 103 SGB X zu. Die Fiktion des § 116 Abs. 2 SGB VI trete nicht ein, wenn der Versicherte von seinem Dispositionsrecht Gebrauch mache. Dieses Bestimmungsrecht sei wirksam durch die Witwe des Versicherten als Sonderrechtsnachfolgerin ausgeübt worden. Nur höchstpersönliche Rechte könne ein Sonderrechtsnachfolger nicht wahrnehmen. Um ein solches Recht handele es sich hier nicht.

Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie hat den zunächst weitergehenden Erstattungsanspruch auf die zu gewährende Erwerbsunfähigkeitsrente beschränkt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 6.9.1996 aufzuheben und die Beklagte dem Grunde nach zu verurteilen, ihr aus der Versicherung des W. S. die vom 1.6.1992 bis zum 6.7.1992 und vom 4.8.1992 bis zum 31.1.1992 zu gewährende Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe des für diese Zeiten geleisteten Krankengeldes zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Prozeßakte und die Verwaltungsakten der Beteiligten verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat Erfolg.

Die Berufung ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands DM 10.000,– übersteigt (§ 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG).

Die klagende Krankenkasse hat gemäß § 103 SGB X gegen den beklagten Rentenversich...

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