Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 27.09.1994; Aktenzeichen S 7 U 100/91)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 27.9.1994 sowie der Bescheid der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Rheinhessen-Pfalz vom 9.4.1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.1991 und der Bescheid vom 2.11.1995 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 9.3.1990 (hinsichtlich der Mitgliedschaft bei der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Rheinhessen-Pfalz am 8.7.1989) zurückzunehmen und dem Kläger wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 8.7.1989 eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob der Kläger einen versicherten Arbeitsunfall erlitten hat. Die Beklagte ist als Rechtsnachfolgerin der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (BG) Rheinhessen-Pfalz ins Verfahren eingetreten.

Der 1954 geborene Kläger geriet am 8.7.1989 beim Abbauen eines Elektrozauns seiner Pferdekoppel unter seinen umkippenden Traktor. Dadurch erlitt er eine Hüftgelenksluxation links mit Huftpfannenfraktur.

Im Unfallzeitpunkt wurde der Kläger von der Landwirtschaftlichen BG Rheinhessen-Pfalz als landwirtschaftlicher Unternehmer geführt. Er hatte die betreffenden Grundstücke 1978 von seinem Vater geerbt. Beitragsmäßig war ein Flächenbestand von 0,651 ha erfaßt. Hauptberuflich arbeitete der Kläger als Kraftfahrer und Bauarbeiter.

In seiner Unfallanzeige gab der Kläger an, zur Zeit des Unfalls habe er 0,345 ha Wiesen bewirtschaftet. An Viehbestand seien 4 Pferde vorhanden gewesen. Bei der polizeilichen Unfalluntersuchung im November 1989 erklärte der Kläger, im Unfallzeitpunkt seien 3 Pferde bei einer Fläche von 0,6 ha Wiesen und 0,5 a Wald gehalten worden.

Nach einer Befragung des Klägers am 9.2.1990 hielt ein Außendienstmitarbeiter der BG in einem Aktenvermerk fest: Im Unfallzeitpunkt habe der Kläger 3 Großpferde und ein Fohlen gehabt. Es sei eine Wiesenfläche in einer Größenordnung von 60 a sowie eine Koppel von rund 50 a für den Pferdeauslauf, die in 2 bis 3 kleine Abteilungen aufgeteilt gewesen sei, bewirtschaftet worden. Bei der Pferdehaltung handele es sich um eine Freizeithobbytierhaltung. Ackerbau im klassischen Sinne werde nicht betrieben. An Maschinen seien ein Traktor, eine kleine Ackerrolle und ein Wender vorhanden. Der Kläger unterschrieb einen Vermerk, er sei mit diesen Ausführungen des aufnehmenden Beamten einverstanden. In einem Nachtrag zu dem Aktenvermerk ist angegeben, bei den bewirtschafteten Grünflächen müsse wahrscheinlich von mehr als der doppelten Größe ausgegangen werden; da die Anzahl der Wiesen, die der Heugewinnung dienten, von Jahr zu Jahr schwanke, seien genauere Größenangaben nicht möglich.

In einem weiteren Aktenvermerk vom gleichen Tage hieß es, der Kläger wohne in einem kleinen Wohnhaus, das keinen landwirtschaftlichen Charakter aufweise. Unmittelbar neben dem Wohnhaus befinde sich ein größerer Schuppen, in dem zur Zeit 3 Pferde untergebracht seien. Rauhfutter in Form von Stroh sowie Kraftfutter (Hafer etc.) werde gekauft; Heu werde selbst produziert.

Die Landwirtschaftliche BG Rheinhessen-Pfalz gelangte zu dem Ergebnis, der Unfall sei nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb, sondern der privaten Reittierhaltung zuzurechnen. Sie gab die Akte deshalb an die Beigeladene zu 2) ab, hob aber mit einem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 9.3.1990 die Beitragsveranlagung ab Januar 1989 auf, weil dessen Grundbesitz nicht landwirtschaftlichen Zwecken, sondern nur als Koppel und Auslaufmöglichkeit für seine Pferde diene.

Die Beigeladene zu 2) lehnte eine Entschädigung durch Bescheid vom 12.9.1990 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, sie sei zwar für Unternehmen einer nicht gewerbsmäßigen Reittierhaltung zuständig; als Unternehmer habe der Kläger aber nicht dem Versicherungsschutz unterlegen. Dieser Verwaltungsakt wurde bindend.

Im November 1990 beantragte der Kläger gegenüber der Landwirtschaftlichen BG Rheinhessen-Pfalz die Gewährung von Entschädigungsleistungen. Diese führte in einem Schreiben vom 9.4.1991 aus: Der Kläger habe bereits von dem örtlich und sachlich zuständigen Unfallversicherungsträger einen sachlichen Bescheid erhalten; für die Erteilung eines weiteren sachlichen Bescheides fehle es am erforderlichen Sachentscheidungsinteresse.

Durch Widerspruchsbescheid vom 12.6.1991 half die Beklagte dem hiergegen eingelegten Widerspruch insoweit ab, als ein Sachentscheidungsinteresse des Klägers bejaht wurde. Die Landwirtschaftliche BG Rheinhessen-Pfalz verweigerte aber eine Entschädigung wegen des Unfalls, da die Pferdehaltung nicht in ihre Zuständigkeit falle.

Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Er bewirtschafte seine in Hanglage liegenden Wiesen dadurch, daß er dort die Pferde grasen lasse. Mittels des tragbaren Elektrozaunes würden von ihm jeweils die von den Pferden abzugrasenden Areale ...

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