Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten. Erstattung selbstbeschaffter Leistungen nach § 15 Abs 1 S 4 SGB 9. Zuständigkeit des zweitangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 3 SGB 9. Anwendbarkeit des § 14 SGB 9 auf Folgeanträge. Umzug des Leistungsberechtigten

 

Orientierungssatz

§ 14 SGB 9 ist auch auf einen für die Zeit nach dem Ende der Wirksamkeit eines vorherigen Bewilligungsbescheides gestellten Folge- bzw Weiterbewilligungsantrag anwendbar, auch wenn dem ein dem Grunde nach unveränderter Teilhabebedarf zugrunde liegt, sofern es eine Veränderung des örtlichen Aufenthalts des Leistungsberechtigten gab.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.11.2019; Aktenzeichen B 8 SO 8/18 R)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 06.08.2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenorpunkt 1 des Urteils des Sozialgerichts Koblenz klarstellend wie folgt gefasst wird:

Der Bescheid vom 04.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2013 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 470,70 € gemäß Rechnung der Diakonie Ruhr vom 19.07.2013 als Eingliederungshilfe für behinderte Menschen zu erstatten.

2. Der Beklagte erstattet auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Kostenerstattung für von der Klägerin im Zeitraum 21.03.2013 bis 25.03.2013 selbstbeschaffte Betreuungsleistungen als Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).

Die 1969 geborene Klägerin leidet seit Jahren an einer paranoiden Schizophrenie mit extremen Verhaltensbesonderheiten und steht unter Betreuung. Sie bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente, die sich im streitgegenständlichen Zeitraum auf 666,74 €/Monat belief. Über verwertbares Vermögen verfügte sie nicht.

Die Klägerin lebte zunächst im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen zu 1). Nach den Feststellungen des Sozialfachdienstes des Beigeladenen zu 1) im Rahmen der jeweiligen Teilhabeplanungen hat die Klägerin wegen der Folgen ihrer psychischen Behinderung einen dauerhaften Hilfebedarf. Die Klägerin befand sich aufgrund dessen vom 17.05.2004 bis zum 30.09.2008 in vollstationärer Unterbringung in der Einrichtung Haus an der C. in K. Hierfür bewilligte der Beigeladene zu 1) der Klägerin durch Bescheid vom 25.05.2004 Eingliederungshilfe nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Ab dem 01.10.2008 lebte die Klägerin gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten in einer von der Offene Hilfen GPZ (Gemeindepsychiatrisches Zentrum der Stiftung Bethesda, Koblenz) ambulant betreuten Wohnung (fünf Stunden/Woche) in der S. in K. Zur Bestreitung der Kosten des betreuten Wohnens im Zeitraum 01.10.2008 bis 11.01.2011 gewährte der Beigeladene zu 1) der Klägerin ein persönliches Budget im Rahmen der Eingliederungshilfe (Bewilligungsbescheide vom 05.02.2009 und vom 16.02.2011). Ab 12.01.2011 war die Klägerin erneut stationär in der Einrichtung Haus an der C. in K. untergebracht; vom 19.01.2011 bis zum 31.01.2011 befand sie sich stationär in der Einrichtung Haus A. in Bad N.-A., am 31.01.2011 wechselte sie zurück in die Einrichtung Haus an der C. in K. Die Kosten der Einrichtungsaufenthalte trug der Beigeladene zu 1) im Rahmen der Eingliederungshilfe (Bewilligungsbescheide vom 15.02.2011, vom 15.02.2011 und vom 19.07.2011). Vom 12.02.2011 bis 04.05.2011 wurde die Klägerin stationär in der R -M -Fachklinik A. behandelt (Aufnahme nach dem Landesgesetz für psychisch kranke Personen (PsychKG)).

Ab dem 05.05.2011 lebte die Klägerin wieder in ihrer von der Offene Hilfen GPZ ambulant betreuten Wohnung (3,75 Stunden/Woche) in K. Vom 04.08.2011 bis 30.09.2011 befand sie sich in stationärer Behandlung in der R.-M.-Fachklinik A. Mit Bescheid vom 26.10.2011 gewährte der Beigeladene zu 1) der Klägerin zur Bestreitung der Betreuungskosten ein bis zum 31.05.2012 befristetes persönliches Budget im Rahmen der Eingliederungshilfe. Mit Bescheid vom 11.09.2012 bewilligte der Beigeladene zu 1) der Klägerin für die Zeit ab dem 01.07.2012 "weiterhin" im Rahmen der Eingliederungshilfe ein persönliches Budget in Höhe von 519,60 €. Die Hilfegewährung wurde bis zum 30.06.2013 befristet. In dem Bescheid war ausgeführt, dass die Auszahlung der Hilfe "vereinbarungsgemäß" an die betreuende Einrichtung Offene Hilfe GPZ in K. erfolge. Weiter hieß es:

"Die Bewilligung der Leistung steht unter dem Vorbehalt, dass eine Einstellung der Hilfe durch den Sozialhilfeträger gestattet ist, wenn sich Ihre Bedarfssituation ändert. Eine Änderung der Bedarfssituation sehen wir u.a. auch für den Fall gegeben, dass Sie aus der Betreuung der Offenen Hilfe GPZ ausscheiden. Dieser Bescheid wird daher, wie es auch dem Tenor der Bewilligung entspricht, mit der auflösenden Bedingung verbunden, dass z...

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