Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. arbeitstechnische Voraussetzung. 25 Faserjahre. Asbestexposition. thermisch belastetes Material. Lungenkrebs. Schlosser

 

Orientierungssatz

1. Zur Anerkennung einer Lungenkrebserkrankung eines Schlossers, der berufsbedingt einer Asbestexposition von wenigstens 25 Faserjahren ausgesetzt war, als Berufskrankheit gem BKV Anl Nr 4104.

2. Eine Asbestexposition ist nicht nur beachtlich sofern es sich um thermisch belastetes Material handelt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.01.2007; Aktenzeichen B 2 U 15/05 R)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beigeladenen zu 2. gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 8.7.2002 wird zurückgewiesen.

2. Die Beigeladene zu 2. hat auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die bei dem Kläger vorliegende Lungenkrebserkrankung als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4104 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) anzuerkennen ist und er Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat.

Der ... 1947 geborene Kläger hat den Beruf des Schlossers erlernt. Einschließlich seiner Ausbildungszeit war er von 1961 bis 1996 in 20 verschiedenen Betrieben als Schlosser, Betriebsschlosser, Rohrschlosser, Schweißer, Anlagenfahrer und Ausbilder tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeiten hatte er teilweise Umgang mit Asbest. Die Beschäftigungszeiten des Klägers stellen sich wie folgt dar:

1) 04/61 - 05/64

Fa. A, L

Lehre zum Schlosser

2) 06/64

Fa. S, S

Schlosser

3) 07/64 - 04/65

Fa. D, W

Betriebsschlosser

4) 04/65 - 06/65

Fa. S, M

Schweißer

5) 07/65 - 02/66

Fa. L, L

Rohrschlosser

6) 02/66 - 03/67

Fa. K, H

Schlosser

7) 03/67 - 06/68

Fa. B

Schlosser

8) 07/68 - 11/68

Fa. G, H

Rohrschlosser

9) 03/69 - 04/69

Fa. F

Schlosser

10) 04/69 - 07/70

Fa. K, D

Schlosser

11) 07/70 - 10/70

Fa. H, N

Schlosser

12) 12/70

Fa. J, R

Schlosser

13) 02/71 - 08/71

Fa. W, S

Schlosser

14) 09/71 - 03/72

Fa. O, R

Schweißer

15) 04/72 - 03/73

Fa. S, G

Schweißer

16) 03/73 - 08/73

Fa. K

Schweißer

17) 09/73 - 12/74

Fa. I, N

Schlosser

18) 09/75 - 10/83

E, S

Anlagenfahrer

19) 05/84 - 12/86

K, L

Schweißer/Schlosser

20) 10/88 - 10/96

Fa. I, H

Ausbilder

Seit dem 1.11.1996 ist der Kläger arbeitslos. Seit dem 1.5.1997 bezieht er seitens der BfA eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Unter dem 22.4.1997 erstatteten die St. V-Krankenhäuser Karlsruhe (Dr. Z) eine ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit. Darin wird ausgeführt, dass beim Kläger ein großzelliges Bronchialkarzinom im linken Lungenoberlappen TNM: pT2, pN2, M0 festgestellt wurde. Am 8.4.1997 habe eine erweiterte Pneumonektomie links stattgefunden. Es wird angegeben, dass die jahrelange Inhalation toxischer Substanzen (1975 bis 1996) als ursächlich für die Entstehung der Erkrankung angesehen werde. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass der Kläger bis vor wenigen Monaten auch Raucher gewesen sei. Mit Datum vom 10.7.1997 zeigte der letzte Arbeitgeber des Klägers gegenüber der Beklagten das Vorliegen einer Berufskrankheit an.

Daraufhin holte die Beklagte ein Gutachten von Dr. O, Chefarzt der Abteilung für Thoraxchirurgie der St. V-Krankenhäuser Karlsruhe, vom 20.10.1997 ein. Dieser diagnostizierte u. a. ein Bronchialkarzinom des linken Oberlappens TNM: pT2, pN2, cMO, Z. n. erweiterter Pneumonektomie links 4/1997, postop. Radiatio. Er führte aus, histologisch fänden sich im Resektat der linken Lungen ein solides großzelliges Karzinom zentral im Oberlappen, offenbar ein schlecht differenziertes Plattenepithelkarzinom, kontinuierliche und metastatische Karzinominfiltrate in bronchopulmonalen und lungenhilären Lymphknoten sowie in Lymphknoten des vorderen Mediastinums. Die übrigen Lymphknotenstationen seien tumorfrei. Darüber hinaus finde sich in der histologischen Untersuchung kein Hinweis für eine Schweißerlunge. Zur Beurteilung durch Asbestexposition verursachter Veränderungen der Lunge seien weitere Untersuchungen des Gewebes mit Veraschung notwendig. Der Befund des Bronchialkarzinoms könne auf die als Schlosser und Schweißer im Heizungs- und Rohrleitungsbau von 1961-1975 bestehende Asbestexposition zurückzuführen sein. Ein weiterer Risikofaktor, der nicht mit der beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang stehe, sei der Nikotinabusus von 20 Zigaretten pro Tag von 1969 - 1997. Da der Versicherte 14 Jahre einer beruflichen Asbestexposition ausgesetzt gewesen sei, gehöre er durch seine berufliche Tätigkeit einer Personengruppe an, die in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung der zu der Krankheit führenden Gefährdung ausgesetzt sei. Auch liege hier der typische zeitliche Abstand von 20-30 Jahren von der Exposition bis zur Entstehung des Bronchialkarzinoms vor.

Im Rahmen eines pathologisch-anatomischen Zusatzgutachtens von Prof. Dr. M, Berufsgenossenschaftliche Kliniken B, B, vom 07.11.1997 wurde die Diagnose eines bösartigen Tumorleidens in den Lungen bestätigt. Die durchgeführten Lungenstaubanalysen hätten jeweils 10/10/20 Asbe...

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