Verfahrensgang

SG Trier (Urteil vom 08.09.1983; Aktenzeichen S 2 Ar 125/83)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 8. September 1983 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß ihre Verurteilung zur Leistungsgewährung entfällt.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger die kleine Anwartschaft für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) durch „Rechtspraktikanten-Tätigkeit” erfüllt hat.

Der 1954 geborene Kläger war im Rahmen der einstufigen Juristenausbildung in Rheinland-Pfalz von Oktober 1980 bis April 1983 Rechtspraktikant. Das Arbeitsamt Trier bewilligte ihm antragsgemäß Alhi ab 2. Mai 1983 (Bewilligungsbescheid vom 10. Mai 1983).

Mit Bescheid vom 4. Juli 1983 nahm das Arbeitsamt die Leistungsbewilligung ab 8. Juli 1983 mit der Begründung zurück, als Rechtspraktikant habe der Kläger nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gestanden, weil auf dieses Ausbildungsverhältnis die beamtenrechtlichen Vorschriften nicht vollinhaltlich anwendbar seien; in derartigen Fällen sei Beitragsfreiheit zur Bundesanstalt für Arbeit gegeben.

Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers mit der Auffassung, ein Rechtspraktikant der einstufigen Juristenausbildung stehe einem Referendar gleich, womit ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vorliege, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 1. August 1983).

Mit der Klage hat der Kläger weiterhin die Auffassung vertreten, das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis des Rechtspraktikanten falle wegen entsprechender Anwendung zahlreicher und wesentlicher beamtenrechtlicher Bestimmungen unter den Begriff des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses. Die vom Gesetz- und Verordnungsgeber beabsichtigte und gewollte Gleichstellung der beiden Ausbildungssysteme erfordere auch sozialversicherungsrechtlich die gleiche Behandlung, wie sie bei Rechtsreferendaren erfolge. Die Tatsache, daß der Rechtspraktikant während der praktischen Ausbildungsteile bei der Hochschule eingeschriebener Student bleibe, sei vom Gesetzgeber nur zur Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwandes gewollt gewesen; damit sich der Student bei Beginn der praktischen Ausbildungsteile nicht ständig exmatrikulieren müsse, sei stattdessen der ökonomischere Weg der Zwangsbeurlaubung gewählt worden, wie sich dies aus dem Studienbuch ergebe.

Das Sozialgericht Trier hat durch Urteil vom 8. September 1983 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 8. Juli 1983 Alhi zu zahlen und ihm hierüber einen neuen Bescheid zu erteilen. Dazu hat es ausgeführt, nach den landesrechtlichen Vorschriften habe der Kläger als Rechtspraktikant in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis gestanden, das nur in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vollzogen werden könne, wobei es auf dessen Dauer nicht ankomme, weil beispielsweise ein „Soldat auf Zeit” ebenfalls in einem verhältnismäßig kurzen Dienstverhältnis zum Staat stehe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Vorbringen, die praktische Tätigkeit im Rahmen der einstufigen Juristenausbildung unterliege nicht der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit, weil es sich um ein in das Studium eingebundenes Praktikum handele. Zwar habe der Rechtspraktikant im wesentlichen die Rechte und Pflichten eines Beamten auf Widerruf, seine Rechtsstellung gleiche der eines Rechtsreferendars in der zweistufigen Juristenausbildung, der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehe. Der Rechtspraktikant befinde sich aber in einem hiervon unterschiedlichen Ausbildungsverhältnis, das nach dem erkennbaren gesetzgeberischen Willen anders als das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis gestaltet sei, weshalb es nicht zur Begründung eines Alhi-Anspruchs dienen könne, wie dies bei den vergleichbaren Praktikanten in der einphasigen Lehrerausbildung der Fall sei. In diesem Sinne habe auch das Landessozialgericht Niedersachsen in seinem Urteil vom 10. November 1983 – L 10 Ar 38/83 – entschieden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 8. September 1983 aufzuheben und die Klage abzuweisen; hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der seit Mitte Dezember 1983 als Rechtsanwalt tätige Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und wiederholt im wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Prozeßakten und die den Kläger betreffenden Akten des Arbeitsamts Trier (Stamm-Nr. … Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zwar zulässig (§§ 143 ff. 15) Sozialgerichtsgesetz – SGG –), sie ist aber nicht begründet. Das Sozialgericht ist im angefochtenen Urteil zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind.

Der...

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