Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. zwischenstaatliches Recht. deutsch-polnisches Entsendeabkommen. deutsche Sozialversicherungspflicht polnischer Werkvertragsarbeitnehmer. Geschäftsjahr 2003 und 2004. Entsendebegriff. keine Bindungswirkung der Entsendebescheinigung D/PL 101. Ausbeiner

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die aufgrund des deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommens ("Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Sozialversicherung von Arbeitnehmern, die in das Gebiet des anderen Staates vorübergehend entsandt werden") (juris: SVAbk POL) vom 25.4.1973 erteilte D/PL 101-Bescheinigung entfaltet im Falle einer offensichtlichen Unrichtigkeit für deutsche Behörden und deutsche Gerichte keine Bindungswirkung und führt nicht zu einer Befreiung von der inländischen Sozialversicherungspflicht.

2. Die Voraussetzungen einer Entsendung sind im deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen nicht abweichend vom deutschen Entsendebegriff definiert.

3. Die Frage der Sozialversicherungspflicht bzw das Vorliegen einer Einstrahlung richtet sich daher nach den §§ 3ff SGB 4 und den dazu entwickelten Grundsätzen.

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 30.11.2006 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 42.108,97 Euro festgesetzt .

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin sowie deren Heranziehung zur Zahlung von Beiträgen und Beitragsvorschüssen zur gesetzlichen Unfallversicherung für die von ihr in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer in den Jahren 2003 und 2004.

Die Klägerin, die in der Bundesrepublik Deutschland keine selbständige Zweigniederlassung unterhält, betreibt im Stammwerk in S eine Schlachterei und ein Fleischverarbeitungsunternehmen. Zu ihrem Tätigkeitsbereich gehört die Vermittlung ausschließlich polnischer Arbeitnehmer aus dem Fleischerhandwerk an deutsche Schlachtereien und Fleischverarbeitungsunternehmen.

Nach Eingang der Gewerbeanmeldung vom 12.1.1999 leitete der Prüfdienst der Beklagten Ermittlungen zur Geschäftstätigkeit der Klägerin ein. Im Bericht vom Mai 2005 wurde festgestellt, dass die Klägerin bei deutschen Firmen auf der Grundlage des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Sozialversicherung von Arbeitnehmer, die in das Gebiet des anderen Staates vorübergehend entsandt werden vom 25.4.1973 (deutsch-polnisches Sozialversicherungs- bzw Entsendeabkommen; BGBl 1974 Teil II, Seite 926) und der Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen über die Entsendung von Arbeitnehmern polnischer Unternehmen zur Ausführung von Werkverträgen vom 31.1.1990 (deutsch-polnisches Werkvertragsabkommen, BGBl 1990 Teil I, Seite 602) polnische Arbeitnehmer aufgrund kontingentierter Werkverträge in der Bundesrepublik Deutschland für wechselnde Einsatzorte befristet für die Dauer von maximal 24 Monaten eingesetzt hatte.

Die Klägerin hatte nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten Werkverträge mit der Fa. V in L (zunächst 8 Arbeitnehmer), mit der Fa. Z in V (zunächst 8 Arbeitnehmer) und mit der Fa. H in V (zunächst 15 Arbeitnehmer) geschlossen. Nach der Darstellung im Prüfbericht erteilte der Inhaber der klägerischen Firma R J (R.J.) die Auskunft, dass bei der Fa. V Personal aus dem Stammwerk eingesetzt werde, während bei den anderen Firmen Personen für den ausschließlichen Einsatz in der Bundesrepublik beschäftigt würden. Es gebe nicht so viele Aufträge, um alle Arbeitnehmer vor und nach dem Auslandseinsatz zu beschäftigen.

Nach den weiteren Feststellungen des Prüfdienstes unterhielt die Klägerin in Polen zunächst eine Produktionsstätte mit 23 Arbeitnehmern.

Aus einer von der Klägerin vorgelegten Aufstellung der Beschäftigtenzahlen vom März 2004 und ihren Angaben vom Juli und August 2004 ergab sich Folgendes: In dem Jahr 2000 wurden 50 Arbeitnehmer (AN) insgesamt beschäftigt, davon 16-17 in Deutschland. Im Jahr 2001 wurden 52 AN insgesamt beschäftigt, davon 15-19 in Deutschland. Im Jahr 2002 stieg die Zahl der AN auf 79, während nur 28 in Deutschland arbeiteten. Im März 2003 waren es dann 86 AN insgesamt und im Frühjahr 2004 stieg die Gesamtzahl der AN auf 119 an. Die Klägerin gab hierzu an, dass sie im Stammwerk in S durchgängig 50 Arbeitnehmer beschäftigen könne, hinzu kämen noch weitere Arbeitsplätze in anderen Betriebsteilen. Nachweise über jene Betriebsteile legte die Klägerin nicht vor.

Von der zuständigen polnischen Sozialversicherungsbehörde, der Zaklad Ubeszieczen Spolecznych (ZUS), wurden aufgrund des deutsch-polnischen Entsendeabkommens D/PL 101-Bescheinigungen ausgestellt, wonach die Arbeitnehmer ausschließlich der polnischen Sozialversicherungsrecht unterfielen.

Mit Bescheid vom 15.5.2002 stellte die Beklagte ihre Zuständigkeit ...

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