Verfahrensgang

SG Trier (Urteil vom 08.10.1998; Aktenzeichen S 3 U 303/95)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.06.2000; Aktenzeichen B 2 U 25/99 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 8.10.1998 sowie der Bescheid der Beklagten vom 11.4.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.9.1995 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 10.8.1994 Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob der Kläger bei seinem Unfall vom August 1994 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.

Der 1957 geborene Kläger erlitt am 10.8.1994 einen Unfall, bei dem er sich erhebliche Verletzungen der rechten unteren Extremität zuzog. Im Unfallzeitpunkt war er bei der Firma Holzverarbeitung K. in W. als Tischler und Schreiner beschäftigt. Inhaber der Firma ist der 1935 geborene H. K.. Am Unfalltag wurde bei der Firma K. bis 17 Uhr gearbeitet. Daran anschließend veranstaltete die Firma einen Grillabend für die Mitarbeiter an einer auf dem Betriebsgrundstück befindlichen Grillhütte. An diesen Teil des Betriebsgeländes grenzt ein durch einen Lattenzaun abgegrenztes Wiesengrundstück, welches im Eigentum des Vaters des Klägers, Johann W. steht und wo sich ein Haflinger-Pferd befand.

Zu dem Unfall gegen 20.30 kam es, als sich der Kläger vom Betriebsgelände der Firma K. über den Lattenzaun auf das Wiesengrundstück seines Vaters begab und sich dort in unmittelbarer Nähe des Zaunes auf das Pferd setzte. Da das Pferd weglaufen wollte, sprang er von diesem ab, wodurch er sich die Verletzungen zuzog.

H. K. gab ausweislich einer Gesprächsnotiz am 20.3.1995 an, Reiten sei nicht Programmbestandteil des Grillabends gewesen; der Kläger sei der einzige gewesen, der geritten sei; für andere Betriebsangehörige sei die Weide nicht zugänglich gewesen.

Durch Bescheid vom 11.4.1995 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung hieß es: Der Unfall stelle keinen versicherten Arbeitsunfall dar. Denn zum Unfallzeitpunkt sei der Kläger keiner Tätigkeit nachgegangen, die nach Art und Zweck der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung üblich oder vorgesehen gewesen sei.

Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor: Kurz vor dem Unfall seien mehrere Kollegen von ihm um den Grillplatz gegangen, auch an das seinem Vater gehörende benachbarte Grundstück. Ein Kollege habe das Pferd im Rahmen lockerer Gespräche mit Gras angelockt. Da mehrere Kollegen sich am Zaun befunden hätten, habe er vom Zaun des Betriebsgeländes aus auf das Pferd steigen wollen, um den Kollegen weiterhin die Anwesenheit des Pferdes zu ermöglichen. Aus für ihn nicht erklärlichen Gründen habe das Pferd gebockt, was ihn veranlasst habe, den Pferderücken zu verlassen. Dadurch habe er die Verletzungen erlitten.

Die Beklagte führte Ermittlungen an Ort und Stelle durch. Anschließend wies sie den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 6.9.1995 zurück. Zur Begründung wurde festgehalten: Allein die Tatsache, dass das Betreten der Nachbarweide sowie das Aufsitzen auf dem Pferd nicht zum vorgesehenen Ablauf des Betriebsfestes gehört hätten, sei ausreichend, um einen inneren Zusammenhang mit dem versicherten Tätigkeitsbereich zu verneinen.

Das Sozialgericht (SG) hat im Klageverfahren eine Ortsbesichtigung der Unfallstelle durchgeführt, den Kläger angehört und H. K. sowie seinen Arbeitskollegen Ch. Sch. als Zeugen vernommen. Der Kläger hat angegeben: Kurz vor dem Unfall habe sein Arbeitskollege Peter H. das Haflinger-Pferd gefüttert. Der Kollege habe auf dieses aufsteigen wollen, was aber misslungen sei. Daraufhin habe er, der Kläger, Peter H. zeigen wollen, wie das gemacht werde. Deshalb sei er über den Zaun auf das Nachbargrundstück geklettert, habe das Pferd an der Mähne festgehalten und sei dann mit einem Satz aufgesprungen. Als das Pferd weggelaufen sei, sei er abgesprungen, wodurch er sich verletzt habe.

Ch. Sch. hat bekundet, er erinnere sich, dass sein Arbeitskollege H. von dem Grillplatz aus an den Zaun zu dem Pferd gegangen sei. Anschließend sei auch der Kläger dazugekommen und auf das Pferd gestiegen. Zu dem Unfall selbst könne er nichts sagen, da alles so schnell gegangen sei.

Durch Urteil vom 8.10.1998 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe bei dem Unfall nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Die zum Unfall führende Tätigkeit sei nicht mehr der versicherten Betriebsgemeinschaftsveranstaltung zuzurechnen, weil der Kläger zum Unfallzeitpunkt keiner Tätigkeit nachgegangen sei, welche nach deren Art und Zweck während des Grillfestes üblich und vorgesehen gewesen sei. Entscheidend sei, dass das Reiten sowie der sonstige Umgang mit dem P...

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