Verfahrensgang

SG Mainz (Urteil vom 09.09.1993; Aktenzeichen S 5 U 147/92)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 9.9.1993 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat der Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten. Im übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Unfall der Beigeladenen vom Februar 1991 ein versicherter Arbeitsunfall war und die Klägerin, die Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft, gegen die Beklagte, die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK), einen Anspruch auf Erstattung von Kosten hat, die sie im Zusammenhang mit diesem Unfall getragen hat.

Die 1946 geborene Beigeladene ist als kaufmännische Angestellte in der Firma M. in G. – Mitgliedsunternehmen der Klägerin – beschäftigt. Am 6.2.1991 stolperte sie gegen 12.35 Uhr während der Mittagspause in G. in der dortigen Bahnhofstraße auf dem Rückweg vom Plus-Einkaufsmarkt zu ihrer Arbeitsstätte über einen Pflasterstein und stürzte auf das rechte Knie. Dadurch erlitt sie eine Kniescheibenkontusion mit Patellafraktur rechts. Es wurde eine berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung eingeleitet. Die Klägerin trug die Heilbehandlungskosten und erstattete der Beklagten das von dieser für sie an die Beigeladene gezahlte Verletztengeld.

Nach den später getroffenen Feststellungen hatte die Beigeladene Lebensmittel (Hüttenkäse, Schnittkäse und Butter sowie Brot) eingekauft, um sie noch am Unfalltag sowie am folgenden Tag in ihrem Beschäftigungsbetrieb zu verzehren. Sonstige Einkäufe hatte sie am Unfalltag in G. nicht getätigt.

Die Beigeladene teilte der Klägerin im Juli 1993 mit: Ihre Mittagspause habe am Unfalltag – wie auch sonst – von 12.00 bis 13.00 Uhr gedauert. Sie sei um ca 12.05 Uhr zur Plus-Filiale weggegangen. Der Weg von ihrer Arbeitsstätte zum Plus-Markt dauere ca 10 Minuten; für die Einkäufe am 6.2.1991 habe sie ca 25 Minuten benötigt.

Durch Bescheid vom 25.2.1992 lehnte die Klägerin die Gewährung von Entschädigungsleistungen an die Beigeladene ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Unfall vom Februar 1991 stelle keinen versicherten Arbeits- oder Wegeunfall dar. Der Weg, der während einer Arbeitspause zur Besorgung von Nahrungsmitteln zum alsbaldigen Verzehr unternommen werde, sei unfallversichert, sofern er nicht unverhältnismäßig weit sei. Voraussetzung sei insoweit, daß der Zeitaufwand für den Weg in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer der Arbeitspause stehe. Die Arbeitspause solle in erster Linie der Erholung des Versicherten und der Regenerierung seiner Kräfte für die noch bevorstehende Tätigkeit dienen. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn zur Erholung einschließlich der Nahrungsaufnahme nur noch der geringere Teil der Pause zur Verfügung stünde. Vorliegend habe es sich um einen unangemessen weiten Weg gehandelt, weil die Beigeladene ohne den Unfall erst gegen 12.45 Uhr zu ihrer Arbeitsstätte zurückgekehrt und zu diesem Zeitpunkt der größte Teil der Mittagspause abgelaufen gewesen wäre.

Die Klägerin hat am 23.9.1992 beim Sozialgericht (SG) Mainz eine Klage gegen die Beklagte auf Verurteilung zur Erstattung bzw Rückerstattung von Kosten in Höhe von 2.383,83 DM, die sie im Zusammenhang mit der Behandlung der Beigeladenen wegen der Folgen des Unfalls vom Februar 1991 getragen hatte (Heilmittel, Verletztengeld einschließlich Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung), erhoben. Das SG hat die Beigeladene ausführlich angehört.

Durch Urteil vom 9.9.1993 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung dargelegt: Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Erstattungsanspruch, weil der Unfall vom Februar 1991 einen versicherten Wegeunfall darstelle. Auf dem Weg zum Einkauf von Lebensmitteln, um diese alsbald an der Arbeitsstätte zu verzehren, sei der Arbeitnehmer gemäß § 550 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) unfallversicherungsrechtlich geschützt. Die Tatsache, daß die Beigeladene auch Lebensmittel zum Verzehr in der Arbeitspause am folgenden Tag erworben habe, stehe dem Versicherungsschutz nicht entgegen, weil gemischte Tätigkeiten unter Versicherungsschutz stünden, wenn sie nach Inhalt und Bedeutung wesentlich auch versicherten Zwecken dienten. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei ein Versicherungsschutz nicht deshalb zu verneinen, weil der Weg der Beigeladenen unangemessen lang gewesen sei. Der gesamte Hin- und Rückweg zur Plus-Filiale habe nur ca 1/3 der Pausenzeit in Anspruch genommen. Die für den Aufenthalt im Plus-Markt benötigte Zeit müsse insoweit unberücksichtigt bleiben. Denn während dieser Zeit habe kein Versicherungsschutz nach § 550 Abs. 1 RVO bestanden. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß die Beigeladene keinen Einfluß auf die Dauer von Wartezeiten während des Einkaufs gehabt und es sich bei dem von dieser aufgesuchten Lebensmittelgeschäft um das nächsterreichbare Geschäft gehandelt habe.

Auf die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung ha...

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