Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Arbeitslosenhilfenachzahlung für Vormonate. Zuflussprinzip

 

Orientierungssatz

Arbeitslosenhilfe für November und Dezember 2004, welche erst im Januar 2005 ausgezahlt wurde, ist gem § 11 SGB 2 iVm § 2 Abs 2 AlgIIV als laufende Einnahme im Zuflussmonat in voller Höhe als Einkommen zu berücksichtigen. Es liegt keine ausfüllungsbedürftige, planwidrige Regelungslücke in dem Sinne vor, dass nachgezahlte Arbeitslosenhilfe nicht zu berücksichtigen wäre.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 21.12.2009; Aktenzeichen B 14 AS 46/08 R)

 

Tenor

1.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 20.04.2006 wird zurückgewiesen.

2.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der 1974 geborene Kläger Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat Januar 2005 hat.

Der Kläger lebt mit der 1977 geborenen T W in einer eheähnlichen Gemeinschaft. In der Bedarfsgemeinschaft lebt auch die 2001 geborene gemeinsame Tochter J W.

Bis zum 06.10.2003 bezog der Kläger Arbeitslosengeld von zuletzt 232,89 € wöchentlich. Im Januar 2005 erzielte T W ein Arbeitsentgelt in Höhe von 849,00 € brutto und 672,40 € netto. Auf Grund der Bewilligung von Anschluss-Arbeitslosenhilfe durch die Agentur für Arbeit für den Zeitraum vom 01.11.2004 bis zum 31.12.2004 hatte der Kläger einen Anspruch in Höhe von 1.371,28 €, der am 28.01.2005 für die Monate November und Dezember 2004 ausgezahlt wurde.

Im Januar 2005 beantragte der Kläger die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 31.03.2005 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Leistungen für Januar 2005 ab und bewilligte für die Zeit vom 01.02.2005 bis zum 30.06.2005 monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Kläger und seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Lebensgefährtin und Tochter in einer monatlichen Höhe von 827,05 € monatlich. Für Januar 2005 berücksichtigte die Beklagte die Nachzahlung der Arbeitslosenhilfe und das von T W erzielte bereinigte Arbeitseinkommen. Insoweit seien der Kläger und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen im Januar 2005 nicht bedürftig gewesen. Der Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid vom 14.10.2005 zurückgewiesen. Darin wurde ausgeführt, dass für T W ein bereinigtes Einkommen von 600,94 € zu berücksichtigen sei. Im Übrigen sei auf Grund des Zuflussprinzips die dem Kläger gezahlte Arbeitslosenhilfe als Einkommen für Januar 2005 zu berücksichtigen. Im Haushalt lebe die minderjährige Tochter, die Kindergeld in Höhe von 154,00 € erhalten habe.

Durch Urteil vom 20.04.2006 hat das Sozialgericht Koblenz (SG) die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, im Monat Januar 2005 sei der Kläger nicht bedürftig gewesen. Die Einnahmen auf Grund der nachgezahlten Arbeitslosenhilfe seien im vollen Umfang zu berücksichtigen. Nach § 2 Abs. 2 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) vom 20.10.2004 seien laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zuflössen. Grundsätzlich sei vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich werde ein anderer Zufluss als maßgebend bestimmt. Mittel, die der Hilfesuchende in der Bedarfszeit erhalte, seien als Zufluss in der Bedarfszeit Einkommen. Die an den Kläger im Januar 2005 ausgezahlte Arbeitslosenhilfe sei damit in diesem Monat zugeflossen und als Einkommen zu berücksichtigen. Das SGB II enthalte keine Bestimmung darüber, dass in Fällen der vorliegenden Art die Nachzahlung einer Sozialleistung durch einen anderen Leistungsträger für den Auszahlungsmonat nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei. Eine solche Bestimmung ergebe sich weder aus § 1 Abs. 1 oder Abs. 3 SGB II noch aus § 1 Alg II-V. Die detaillierten Regelungen, in welchen Fällen Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen seien, lasse auch nicht den Schluss auf eine Gesetzeslücke zu, die durch analoge Anwendung eine der vorliegenden Regelungen geschlossen werden könnte.

Gegen das am 08.05.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.05.2006 Berufung eingelegt.

Der Kläger trägt vor, es könne nicht zu seinem Nachteil sein, dass ihm erst im Januar 2005 von der Agentur für Arbeit die Arbeitslosenhilfe für die Monate November und Dezember 2004 ausgezahlt worden sei. Durch den formalistischen Ansatz des angegriffenen Urteils werde er benachteiligt. Er habe bei Antragstellung oder bei der Arbeit keinerlei Fehler gemacht, sodass es nicht in seinen Verantwortungsbereich falle, dass erst im Januar 2005 die Leistungen ausgezahlt worden seien. Es liege ganz offensichtlich eine Gesetzeslücke vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil vom Sozialgericht Koblenz vom 20.04.2006 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 31.03.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2005 zu än...

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