Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungsherabsetzung mehr als zehn Jahre nach Eintritt der wesentlichen Änderung. Verwirkung des Rechts auf Leistungsherabsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Zehnjahresfrist für eine Leistungsherabsetzung wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse schließt eine Leistungsherabsetzung für die Zukunft nicht aus (Fortführung von BSG 1992-12-11 – 9a RV 20/90 – BSGE 72, 1).

 

Normenkette

SGB X § 45 Abs. 3 S. 3, Abs. 2 S. 3 Nrn. 2-3, § 48 Abs. 4 S. 1, Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

SG Mainz (Urteil vom 30.01.2001; Aktenzeichen S 6 U 217/98)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 30.1.2001 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der teilweisen Entziehung einer laufenden Verletztenrente für die Zukunft.

Die am … geborene Klägerin absolvierte in der Zeit vom 1.4.1950 bis zum 30.9.1952 eine Ausbildung zur Krankenschwester. Danach war sie im Herbst 1957 ca. 6 Wochen auf einer Tuberkulose-Station im US-Armee Hospital N. und von Februar 1958 bis August 1961 auf der Infektionsabteilung im Städtischen Krankenhaus I. beschäftigt. Unter dem 14.9.1964 erging eine Unternehmeranzeige des Städtischen Krankenhauses S. über eine Berufskrankheit der Klägerin in Form einer offenen Lungentuberkulose. Vom 14.9.1964 bis zum 31.8.1965 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Nach der Durchführung eines Heilverfahrens führte der Facharzt für Lungenkrankheiten Dr. J. in seinem Gutachten vom 30.9.1966 aus, auf Grund von Röntgenaufnahmen des Jahres 1959 könne man den Beginn der Tuberkulose in die Zeit ab dem 16.2.1958 datieren.

Am 13.2.1967 erstellte der Chefarzt der Städtischen Krankenanstalten K., Dr. N., ein weiteres fachärztliches Gutachten. In diesem wurden röntgenologisch narbig indurierte, spezifische Veränderungen in beiden Spitzenfeldern mit Verdacht auf größere Restkaverne rechts und kleinere links beschrieben. Rein röntgenologisch fand sich kein sicherer Anhalt für eine Reaktivierung. Die Vitalkapazität lag im altersentsprechenden Normbereich. Als Beschwerden gab die Klägerin mangelnde Leistungsfähigkeit, Hustenreiz und zeitweilig weißlichen Auswurf an. Die von der Klägerin geklagten Beschwerden führte Dr. N. auf die Berufskrankheit vom 16.2.1958 bzw. 14.9.1964 zurück. Die Höhe der Erwerbsminderung wegen der Berufskrankheit schätzte er ab dem 14.9.1964 auf 80 %. Auf Grund der röntgenologisch nachweisbaren Veränderungen im Bereich bei der Spitzenoberfelder seien stationäre Heilmaßnahmen erforderlich. Unter Umständen sei auch eine Rückbildung der beschriebenen Veränderungen zu erzielen.

Mit Bescheid vom 27.6.1967 stellte die Beklagte „unveränderte indurative spezifische Veränderungen in beiden Spitzen-Oberfeldern mit Restkavernenbildung beiderseits” als Folgen der Berufskrankheit fest. Auf Grund dieser Berufskrankheit gewährte die Beklagte eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 80 % als Dauerrente mit dem Hinweis, dass auch Dauerrenten wegen einer Änderung in dem Zustand des Verletzten noch geändert werden könnten.

Im Rahmen eines vom 18.10.1967 bis zum 4.5.1968 durchgeführten Heilverfahrens fanden sich röntgenologisch ausgedehnte posttuberkulöse, narbigfibröse Veränderungen mit Bronchiektasen beidseits sowie eine Cystenbildung. Der Chefarzt Dr. B. empfahl am 28.5.1968, die MdE-Bewertung zunächst bei 80 % zu belassen. Im April 1969 wurde ein weiteres Heilverfahren durchgeführt. Im Entlassungsbericht wurde festgestellt, die schwere, auf dem Boden der alten Tuberkulose entstandene, ausgedehnte doppelseitige Lungenfibrose bestehe nach wie vor und habe im Vergleich zur letzten Kur eher etwas zugenommen. Deutlich verschlechtert habe sich als Spätfolge die Emphysembronchitis, hinzugekommen sei eine cardiopulmonale Leistungsminderung. Die bisherige MdE-Bewertung wurde beibehalten und im Hinblick auf den weiteren Krankheitsverlauf eine ungünstige Prognose abgegeben. In einem durch Dr. R. für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erstellten Gutachten vom 15.12.1969 hieß es, neben bestehender Atemnot bei geringster Belastung, erhöhter Infektanfälligkeit, Leistungsminderung und Zeichen einer Rechtsherzbelastung finde sich auch eine reduzierte pulmonale Leistungsfähigkeit.

Unter dem 15.3.1972 erstellte Dr. P., Medizinischer Direktor der Gutachterstation der Landesversicherungsanstalt (LVA) Rheinland-Pfalz, ein weiteres lungenfachärztliches Gutachten. Wegen eines nicht geänderten Beschwerdebildes bestätigte er eine MdE von 80 %. Mit einer wesentlichen Besserung sei nicht zu rechnen. Dr. B. stellte in seinem ärztlichen Entlassungsbericht vom 3.8.1972 anlässlich einer erneuten stationären Heilbehandlung röntgenologisch eine deutliche Progredienz der doppelseitigen Fibrose fest.

In den Jahren 1973, 1975, 1976 und 1977 wurden weitere stationäre Heilverfahren (Erholungs- und Klimakuren) durchgeführt. In den entspreche...

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