Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Überprüfung der korrekten Abrechnung eines Krankenhauses durch Medizinischen Dienst der Krankenversicherung. Herausgabe der Behandlungsunterlagen

 

Orientierungssatz

1. Einer Krankenkasse steht die Berechtigung zu, bei Zweifeln an der Richtigkeit der zugrunde gelegten Fallpauschale bzw des Sonderentgeltes den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Einzelfall einzuschalten und die korrekte Abrechnung des Krankenhauses zu überprüfen (vgl BSG vom 17.5.2000 - B 3 KR 33/99 R = BSGE 86, 166 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1).

2. Weigert sich ein Krankenhaus trotz Bedenken der Krankenkasse an der Rechtmäßigkeit ihrer Forderung, die zur Überprüfung notwendigen Behandlungsunterlagen herauszugeben, kann sie einen Zahlungsanspruch gegenüber der Krankenkasse nicht geltend machen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.07.2002; Aktenzeichen B 3 KR 64/01 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zahlung von Krankenhausbehandlungskosten.

Die Klägerin betreibt ein nach § 108 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) zugelassenes Städt. Krankenhaus. In diesem Krankenhaus wurde der bei der Beklagten krankenversicherte J H stationär behandelt. Die vom Krankenhaus am 17.6.1998 in Rechnung gestellten Kosten beliefen sich auf 6.726,39 DM. Dabei wurde die Fallpauschale 12.01 zugrunde gelegt. Die Beklagte zahlte die Kosten der Fallpauschale 12.03 in Höhe von 5.697,-- DM. Mit Schreiben vom 6.7.1998 bat sie das Städt. Krankenhaus um Zusendung des Arzt-, Operations- und Entlassungsberichts. Zur Begründung führte sie aus, die Bezahlung nach der Fallpauschale 12.01 könne nur nach Erstellung eines Gutachtens durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) erfolgen.

Der bei der Beklagten krankenversicherte H-R W wurde ebenfalls im Städt. Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Hierfür stellte die Klägerin mit Rechnung vom 17.9.1998 insgesamt 6.949,35 DM in Rechnung. Dabei wurden Abteilungs- und Basispflegesätze sowie das Sonderentgelt 12.19 zugrunde gelegt. Die Beklagte zog von dieser Rechnung insgesamt 466,80 DM ab und forderte das Krankenhaus mit Schreiben vom 5.10.1998 auf, den Arzt-, Operations- und Entlassungsbericht zu übersenden. Zur Begründung führte sie aus, das Sonderentgelt 12.19 könne nur sehr selten abgerechnet werden. Nach Erstellung eines individuellen Gutachtens durch den MDK sei sie gegebenenfalls gerne bereit, das Sonderentgelt nachträglich zu überweisen.

Mit Schreiben vom 25.8.1998 teilte die Klägerin der Beklagten mit, eine Überlassung von Unterlagen an den MDK zu Abrechnungszwecken sei nicht rechtmäßig. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, den vollen Rechnungsbetrag zu überweisen.

Die Beklagte verweigerte die Zahlung der Restsummen weiterhin.

Mit ihrer am 24.9.1998 beim Sozialgericht (SG) Speyer erhobenen Klage hat die Klägerin die Zahlung von 1.029,39 DM im Fall H und 466,80 DM im Fall W nebst Zinsen begehrt.

Das SG hat mit Urteil vom 10.4.2000 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die zulässige Leistungsklage sei unbegründet. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Fallpauschale bzw des Sonderentgelts zu. Die Beklagte sei berechtigt, die Zahlung zu verweigern, da die Klägerin den fälligen, kraft Gesetzes nicht ausgeschlossenen und mit den Zahlungen in innerem Zusammenhang stehenden Gegenanspruch auf Herausgabe der Krankenunterlagen der Versicherten nicht erfülle. Dies folge aus der entsprechenden Anwendung des Grundgedankens des § 273 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wobei eine Verurteilung Zug-um-Zug gemäß § 274 BGB im öffentlichen Recht nicht in Betracht komme. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung unabhängig von diesem Zurückbehaltungsrecht ergebe sich nicht aus den von der Beklagten gegebenen Kostenzusagen betreffend die Behandlung ihrer Versicherten. Hieraus ergebe sich nicht, dass die Beklagte gegenüber dem Krankenhaus der Klägerin als Leistungsträger nicht mehr berechtigt wäre, die Leistungsabrechnungen konkret zu überprüfen. Im Rahmen dieser Berechtigung könne sich die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen der Beweismittel nach § 21 Abs 1 des Zehntes Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) bedienen. Sie könne von dem Krankenhaus verlangen, dass ihr sämtliche Behandlungsunterlagen betreffend die konkrete Behandlung herausgegeben würden. Dieses Begehren finde seine Grundlage im SGB V. Als Grundlage für das Herausgabeverlangen der Beklagten könne allerdings vorliegend nicht der am 25.3.1991 gemäß § 112 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB V abgeschlossene Vertrag zwischen der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz und den Verbänden der Krankenkassen in Rheinland-Pfalz herangezogen werden, da insoweit ausschließlich die Überprüfung der --hier nicht streitigen-- Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung geregelt worden sei. Der Anspruch folge aber aus dem allgemeinen System der Ausgestaltung der Beziehungen zwischen den Krankenkassen und den Krankenhäusern als Leistungserbringern und werde durch...

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