Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Zulässigkeit. Beschwerde. außergerichtliche Kosten. Vertrauensschutz im Zusammenhang mit Änderung des § 172 durch das SGG/ArbGGÄndG vom 26.3.2008. Ablehnung von Prozesskostenhilfe. Erfolgsaussicht. maßgeblicher Zeitpunkt. Beschwerdeverfahren. Kostengrundentscheidung. Kostenerstattung außergerichtlicher Kosten. Ausschluss gem § 127 Abs 4 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 172 Abs 3 SGG idF des SGG/ArbGGÄndG vom 26.3.2008 findet, sofern die Beschwerde nach dem 31.3.2008 eingelegt wurde, auch dann Anwendung, wenn der angefochtene Beschluss vor dem 1.4.2008 erlassen und zugestellt wurde.

2. Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht durch das Sozialgericht ist auch dann zulässig, wenn im Hauptsacheverfahren kein Rechtsmittel möglich ist.

3. Für die Beurteilung der Erfolgsaussicht im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs auf Prozesskostenhilfe ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts abzustellen. Eine Ausnahme ist möglich, wenn es das Sozialgericht versäumt hat, vorab über die PKH zu entscheiden.

4. Im Beschwerdeverfahren gegen eine Kostengrundentscheidung ist eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beschwerdeverfahrens zu treffen.

5. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe ist nach § 73a Abs 1 SGG iVm § 127 Abs 4 ZPO ausgeschlossen.

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Koblenz vom 25.3.2008 über die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird als unzulässig verworfen.

2. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Koblenz vom 25.3.2008 über die Prozesskostenhilfe aufgehoben. Den Antragstellern wird für das Verfahren der einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Prozesskostenhilfe gewährt und Rechtsanwältin A beigeordnet.

3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin bewilligte mit Bescheid vom 30.1.2008 den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2008. Die Auszahlung der Leistung für den Monat März 2008 erfolgte nicht pünktlich zum 1.3.2008. Am 6.3.2008 haben die Antragsteller deshalb beim Sozialgericht (SG) beantragt, die Antragsgegnerin zur Auszahlung der Leistungen im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten; gleichzeitig haben sie Prozesskostenhilfe (PKH) begehrt. Die Antragsgegnerin überwies den Antragstellern am 10.3.2008 den ihnen zustehenden Betrag für März 2008 per Barscheck. Daraufhin haben die Antragsteller den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz für erledigt erklärt und beantragt zu entscheiden, dass die Antragsgegnerin ihnen die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten habe. Die Antragsgegnerin hat vorgetragen: Es sei wahrscheinlich, dass es zu der Störung bei der Auszahlung der Leistung durch die zentrale Einspeisung einer aktuellen Programmversion gekommen sei. Die Störungsanfälligkeit sei ihr, der Antragsgegnerin, bekannt; eine Verbesserung dieser Situation sei aber nicht möglich, sodass gelegentlich Fälle von Auszahlungsverzögerungen aufträten. Der Antragsteller zu 1) habe per Telefax vom 4.3.2008 (Dienstag), eingegangen bei ihr um 16.36, die Auszahlung der Leistungen begehrt. Da das Telefax an die zuständige Arbeitsvermittlerin, Frau P, adressiert gewesen sei, habe die zuständige Leistungssachbearbeiterin, Frau G , erst verspätet Kenntnis vom Sachverhalt erhalten. Zu diesem Zeitpunkt sei der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz bereits gestellt gewesen.

Durch Beschluss vom 25.3.2008 hat das SG entschieden, dass außergerichtliche Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht zu erstatten seien, und den Antrag auf PKH abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es sei billig, dass die Antragsteller ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hätten. Es habe von vornherein an einem Anordnungsgrund für die begehrte einstweilige Anordnung gefehlt, weil die Antragsteller ihr Ziel, die Auszahlung der bewilligten Leistungen nach dem SGB II, auf einfachere Art und Weise hätten erreichen können. Die Antragsteller hätten sich nur unter Hinweis auf die fehlende Überweisung an die Antragsgegnerin wenden und eine Barauszahlung der Leistung beantragen müssen. Der Antrag auf PKH sei wegen mangelnder Erfolgsaussicht des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.

Gegen diesen ihnen am 28.3.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 3.4.2008 eingelegte Beschwerde der Antragsteller, die zur Begründung vorgetragen haben: Aufgrund eines Schreibens der Antragsgegnerin vom 28.2.2008, mit welchem diese die Vorlage ärztlicher Bescheinigungen gefordert habe, seien sie angesichts der Auszahlungsverzögerungen davon ausgegangen, dass eine “Stornierung„ der SGB II-Leistung erfolgt sei. Diese Annahme sei keineswegs abwegig gewesen, weil...

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