Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Untätigkeitsklage. Kostenerstattung. Vertretung im Verwaltungsverfahren durch Bevollmächtigten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beklagte hat bei einer zulässigen Untätigkeitsklage in der Regel die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

2. Dies gilt nicht, wenn ein zureichender Grund für die Untätigkeit der Beklagten vorliegt und sie diesen Grund dem Kläger mitgeteilt hat.

3. Wird der Kläger im Verwaltungsverfahren durch einen Bevollmächtigten vertreten, hat die Beklagte dem Bevollmächtigten den zureichenden Grund mitzuteilen.

4. Dies gilt auch dann, wenn der zureichende Grund für die Untätigkeit in einer weiteren Sachverhaltsaufklärung liegt, an welcher der Kläger zur Mitwirkung verpflichtet ist und sich die Beklagte deshalb an ihn selbst wendet.

 

Verfahrensgang

SG Speyer (Beschluss vom 22.01.1999; Aktenzeichen S 12 U 224/97)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Speyer vom 22.1.1999 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits S 12 U 224/97 zu erstatten.

3. Die Beklagte hat der Klägerin außerdem die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für die Erhebung einer Untätigkeitsklage zu erstatten hat.

Mit bei der Beklagten am 10.12.1996 eingegangenem Schreiben beantragte die Klägerin, vertreten durch einen Bevollmächtigten, die Feststellung und Entschädigung ihrer Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit.

Im Januar 1997 zog die Beklagte einen Krankheitsbericht von dem behandelnden Orthopäden Dr. B. bei, der weitere Befundunterlagen mitübersandte.

Ebenfalls im Januar 1997 teilte der Arbeitgeber der Klägerin der Beklagten das Ausmaß ihrer beruflich bedingten wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten mit.

Im gleichen Monat gab auch die Klägerin an, welchen wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten sie bei ihrem Arbeitgeber ausgesetzt war.

Der Unfallverhütungsdienst der Beklagten stellte unter Auswertung der Angaben der Klägerin als auch ihres Arbeitgebers im April 1997 fest, es seien Ermittlungen vor Ort durchzuführen, da die Angaben der Klägerin von den Angaben des Arbeitgebers stark abweichen würden.

Mit Schreiben vom 23.4.1997 teilte daraufhin die Beklagte der Klägerin persönlich mit, sie habe ihren Unfallverhütungsdienst gebeten, sich ergänzend zur Belastung am Arbeitsplatz zu äußern. Sobald diese Stellungnahme vorliege, werde die Klägerin über den Inhalt informiert.

Am 3.6.1997 fand unter Beteiligung der Klägerin eine Besprechung sowie eine Besichtigung ihres früheren Arbeitsplatzes statt.

Am 6.6.1997 hat der Bevollmächtigte der Klägerin Untätigkeitsklage erhoben.

Mit Schreiben vom 14.7.1997 hat die Beklagte das Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz aufgefordert, eine gewerbeärztliche Stellungnahme abzugeben. Mit Schreiben vom 18.7.1997 wurde dies dem Klägervertreter mitgeteilt.

Die Stellungnahme des Dr. S. vom 14.8.1997 ist bei der Beklagten am 18.8.1997 eingegangen. Eine Durchschrift dieser Stellungnahme wurde dem Klägervertreter am 27.8.1997 übersandt und mitgeteilt, dass nunmehr über den Antrag die Klägerin entschieden werde.

Mit Bescheid vom 11.11.1997 lehnte die Beklagte die Feststellung und Entschädigung einer Berufskrankheit ab.

Die Klägerin hat daraufhin im Dezember 1997 die Untätigkeitsklage zurückgenommen und beantragt, der Beklagten die Kosten der Untätigkeitsklage aufzuerlegen.

Die Beklagte hat den Antrag als unbegründet abgelehnt, da die Klägerin über ihr Vorgehen stets unterrichtet gewesen sei. Eine entsprechende Zwischennachricht sei erteilt worden.

Durch Beschluss vom 22.1.1999 hat das Sozialgericht den Antrag der Klägerin abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag der Klägerin auf Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten könne keinen Erfolg haben. Zwar habe bei einer zulässig erhobenen Untätigkeitsklage die Beklagte in der Regel die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Im vorliegenden Fall bestünden bereits Bedenken an der Zulässigkeit der erhobenen Untätigkeitsklage, da die Untätigkeitsklage vor Ablauf der 6 Monate nach Antragstellung auf Feststellung und Entschädigung einer Berufskrankheit erhoben worden sei. Der Antrag auf Feststellung und Entschädigung einer Berufskrankheit sei bei der Beklagten am 10.12.1996 eingegangen; Untätigkeitsklage sei jedoch bereits am 6.6.1997 erhoben worden.

Im Übrigen komme eine Kostenerstattung aber auch bereits deshalb nicht in Betracht, weil ein zureichender Grund für die Untätigkeit der Beklagten vorgelegen und sie diesen Grund der Klägerin auch mitgeteilt habe. Die Klägerin sei stets über das Vorgehen in ihrem Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren informiert worden. Zuletzt habe am 3.6.1997 in Anwesenheit der Klägerin eine Besprechung sowie eine Rekonstruktion des früheren Arbeitsplatzes stattgefunden. Unter diesen Umständen wäre die Klägerin vor Erhebung einer Untätigke...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge