Nachgehend

BSG (Beschluss vom 01.08.2023; Aktenzeichen B 5 R 82/23 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 29.10.2021 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Gewährung einer Witwenrente.

Die am 00.00.1956 geborene Klägerin ist die Witwe des am 00.00.1940 geborenen Versicherten L. F.. Bei ihm wurde am 05.06.2019 ein Lungenkarzinom festgestellt. Im August 2019 erkundigten sich die Klägerin und der Versicherte, welche Unterlagen für eine Eheschließung benötigt würden, bestellten am 02.09.2019 das Aufgebot und schlossen am 11.09.2019 die Ehe. Am 00.10.2019 verstarb der Versicherte.

Die Klägerin stellte am 11.11.2019 einen Antrag auf Bewilligung einer Witwenrente. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht des C. Krankenhauses X. vom 31.10.2019 für die Behandlung vom 10.10.2019 bis 30.10.2019 bei und lehnte mit Bescheid vom 27.11.2019 den Antrag ob. Sofern die Klägerin mitgeteilt habe, die Heirat sei zur Sicherung der erforderlichen Betreuung erfolgt und der Tod des Versicherten sei auf absehbare Zeit nicht zu erwarten gewesen, sei dieser Vortrag nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Aus dem eingereichten Krankenhausbericht ergebe sich vielmehr, dass der Versicherte letztlich an seiner am 05.06.2019 erstmals festgestellten Grunderkrankung (Lungenkarzinom) verstorben sei. Ein weiteres Indiz hierfür sei auch, dass er mit Hilfe eines Palliativteams nach Hause habe überführt werden sollen. Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 23.12.2019 Widerspruch eingelegt. Die Eheleute hätten sich bereits seit 1983 gekannt und seit 1991 zusammengelebt. 1996 hätten sie heiraten wollen, die Klägerin habe bereits bei ihrer Freundin B. U., die unter anderem auch Brautmoden vertrieben habe, ein Kleid ausprobiert. Allerdings habe dann die Mutter der Klägerin einen Schlaganfall erlitten und sei pflegedürftig geworden, deswegen sei die Hochzeit zurückgestellt worden. Dann sei 1997/1998 die Schwester des Versicherten pflegebedürftig geworden, weswegen die Eheleute sie bei sich aufgenommen hätten. Auch habe die Klägerin eine behinderte Schwester, bei der der Gesundheitszustand nicht so gewesen sei, dass sie an einer Feier hätte teilnehmen können. Die Klägerin habe auf Besserung gehofft. Nach dem Tod der Mutter im Jahr 2005 sei dann für das Jahr 2006/2008 die Hochzeit geplant worden. Die Klägerin sei wieder zu der Freundin Frau U. gegangen, habe sich mehr oder weniger für ein Brautkleid entschieden und auch schon angezahlt. Die Hochzeit sei dann verschoben worden, weil es dem Vater der Klägerin schlechter gegangen sei. Er habe im Januar 2009 einen Schlaganfall erlitten, sei rechtsseitig gelähmt gewesen und von den Eheleuten betreut worden. Der dritte Anlauf zur Eheschließung sei 2017/2018 erfolgt. Die Klägerin sei wieder wegen des Kleides zu Frau U. gegangen, es habe wieder nicht geklappt. Im Februar 2019 habe der Verstorbene dann gesagt, dass in diesem Jahr jetzt geheiratet werde, auch wenn nicht richtig gefeiert werden könne, die Klägerin solle sich um die Papiere kümmern. Die Klägerin sei aber nicht dazu gekommen, die Unterlagen zusammenzutragen. Von der Erkrankung habe man im Mai 2019 erfahren. Man sei aber nicht davon ausgegangen, dass sie tödlich enden würde. Einer der Gesichtspunkte, warum man zum damaligen Zeitpunkt an der Heirat habe festhalten wollen, sei gewesen, dass die Klägerin ihren Mann habe pflegen und weiterhin betreuen wollen. Sie überreichte dazu eine ärztliche Bescheinigung des Chefarztes der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Krankenhauses C. X. Dr. R. vom 11.11.2018 (richtig: 11.11.2019), in dem dieser mitteilte, dass die Entlassung des Versicherten für den 31.10.2019 geplant gewesen sei und der Versicherte am 30.10.2019 unerwartet verstorben sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2020 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Im Hinblick auf die geplante Palliativversorgung in der häuslichen Umgebung sei nicht von einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe auszugehen. Zum Zeitpunkt der Eheschließung habe der Versicherte offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten, so dass im Zeitpunkt der Eheschließung die tödlichen Folgen abzusehen gewesen seien. Auch die Tatsache, dass bereits 1991 ein Zusammenleben ohne im Weiteren erfolgte Heirat vor September 2019 vorgelegen habe, spreche ni cht gegen eine Versorgungsehe.

Dagegen hat die Klägerin am 02.04.2020 Klage beim Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben. Gegen die Annahme einer Versorgungsehe spreche, dass den Eheleuten nicht bekannt gewesen sei, dass das am 05.06.2019 festgestellte Lungenkarzinom kurzfristig zum Tode führen würde. Im Gegenteil habe die eingeleitete Immuntherapie sogar zur ...

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