Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich. Zuweisung für Auslandesversicherte im Jahresausgleichsbescheid 2013

 

Orientierungssatz

Zur Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Zuweisungen für Auslandsversicherte im Jahresausgleichsbescheid 2013 vom 14.11.2014 durch das BVA unter Anwendung der zum 1.8.2014 in Kraft getretenen §§ 269 Abs 2 SGB 5 und 41 Abs 1 S 2 RSAV.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.10.2016; Aktenzeichen B 1 KR 11/16 R)

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 14.11.2014 wird hinsichtlich der Zuweisungen für Auslandsversicherte aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts insoweit neu zu bescheiden. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 2,5 Millionen Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die klagende Krankenkasse verlangt höhere Zuweisungen aus dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) im Jahresausgleich 2013. Umstritten ist, ob die Beklagte die Zuweisungen für Auslandsversicherte im Jahresausgleichsbescheid 2013 unter Anwendung der zum 01.08.2014 in Kraft getretenen §§ 269 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), 41 Abs. 1 Satz 2 Verordnung über das Verfahren zum Risikostrukturausgleich (RSAV) festsetzen durfte.

Seit 1994 findet zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen zwischen den gesetzlichen Krankenkassen jährlich ein Risikostrukturausgleich (RSA) statt. Er zielt darauf ab, die finanziellen Auswirkungen von Unterschieden in der Verteilung der Versicherten auf nach Alter und Geschlecht getrennte Versichertengruppen und Morbiditätsgruppen zwischen den Krankenkassen auszugleichen. Seit der Umgestaltung des RSA durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (Bundesgesetzblatt (BGBl) I, S. 378) leiten die Krankenkassen die bei ihnen eingehenden Beiträge Tag genau an den bei der Beklagten als Sondervermögen gebildeten Gesundheitsfonds weiter. Aus dem Gesundheitsfonds erhalten die Krankenkassen gemäß § 266 Abs. 1 Satz 1 SGB V zur Deckung ihrer Ausgaben Zuweisungen, die sich aus einer Grundpauschale, alters-, geschlechts- und risikoadjustierten Zu- und Abschlägen zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen sowie Zuweisungen für sonstige Aufgaben zusammensetzen.

Die Grundpauschale ist dazu bestimmt, die jährlichen standardisierten Leistungsausgaben der Krankenkasse je Versicherten zu decken. Für eine Krankenkasse mit vielen alten und kranken Versicherten würde die alleinige Zuweisung der Grundpauschale nicht ausreichen, während eine Krankenkasse mit vielen jungen und gesunden Versicherten zu hohe Zuweisungen erhielte. Die Höhe der Grundpauschale wird deshalb durch versichertenbezogene Zu- und Abschläge risikoadjustiert. Die Zu- und Abschläge werden u.a. nach von Alter und Geschlecht sowie morbiditätsorientiert an Hand von 80 ausgewählten Krankheiten errechnet. Jeder Versicherte wird an Hand seines Geschlechts und seines Alters im Berichtsjahr einer von 40 Alters-, Geschlechts-Gruppen (AGG) zugeordnet. Zusätzlich erfolgt eine Eingruppierung nach der Morbidität, also aufgrund des Vorliegens einer der 80 aufgrund von § 268 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V i.V.m. § 31 Abs. 4 Satz 1 RSAV festgelegten Krankheiten.

Als Grundlage der Ermittlung der Zuschlagshöhen im Ausgleichsjahr wird an Hand der für die Versicherten tatsächlich im Ausgleichsjahr angefallenen Ausgaben krankenkassenübergreifend berechnet, welche Kosten ein Versicherter im Jahr nach der Diagnosestellung durchschnittlich verursacht ("prospektives Modell"). Nach diesen Ausgaben wird ein versichertenbezogener Tagesbetrag errechnet, der als Zu- oder Abschlag der Grundpauschale je versichertem Tag für Versicherte, die der jeweiligen Morbiditätsgruppe angehören, hinzugerechnet wird. Die Zu- und Abschläge führen damit zu einer risikoorientierten Anhebung bzw. Absenkung der für alle Versicherten zunächst einheitlichen Grundpauschale. Die Zu- und Abschläge stellen keine zusätzliche Finanzierungsquelle neben der Grundpauschale dar, vielmehr gehen die Zu- und Abschläge in der Summe über alle Krankenkassen auf Null auf. Die Summe aus den Zu- und Abschlägen sowie der Grundpauschale entspricht den standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 SGB V, die die Krankenkasse zur Deckung ihrer Ausgaben aus dem Gesundheitsfonds erhält.

Für Versicherte, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland hatten (Auslandsversicherte), werden abweichend von dem oben geschilderten Vorgehen gesonderte Risikogruppen nur nach Alter und Geschlecht gebildet (sog. Auslands-Alters-Geschlechts-Gruppen, (AusAGG)), weil für diese Versicherten grundsätzlich keine Morbiditätsinformationen aus dem Datenträgeraustauschverfahren nach den §§ 295, 300, 301 SGB V vorliegen, die die Zuordnung der Versic...

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