Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflegeversicherung. Kind. Inhalation und Behandlung mit Asthmapräparat. Blutzuckermessung. Spritzen von Insulin. Überwachung wegen Gefahr der Entgleisung des Blutzuckerspiegels. Nichtberücksichtigung nach § 14 Abs 3 und Abs 4 Nr 1-3 SGB 11

 

Orientierungssatz

1. Die Hilfe einer Pflegeperson bei Inhalationen und Behandlung eines Asthmakranken Kindes mit einem Asthmapräparat fällt unter die Behandlungspflege, die nicht Bestandteil der in § 14 Abs 4 Nr 1 bis 3 SGB 11 aufgeführten Verrichtungen ist (vgl ua BSG vom 29.4.1999 - B 3 P 13/98 R = SozR 3-3300 § 14 Nr 11).

2. Blutzuckermessungen, das Spritzen von Insulin und die ständige Überwachung eines Kinds wegen der Gefahr von Entgleisungen des Zuckerspiegels, wird ebenfalls von den Verrichtungen aus § 14 Abs 4 Nr 1 bis 3 SGB 11 bzw von § 14 Abs 3 SGB 11 nicht erfaßt (vgl BSG vom 6.8.1998 - B 3 P 17/97 R = SozR 3-3300 § 14 Nr 6).

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin bis März 2000 nicht nur  "erheblich pflegebedürftig", sondern "schwerpflegebedürftig" iS des  Sozialgesetzbuches (SGB) XI war und ob ihr deshalb ein höheres Pflegegeld zu  gewähren ist.

Die Klägerin ist 1994 geboren. Sie leidet seit dem 11. Lebensmonat an Asthma  bronchiale; im Oktober 1996 stellte man zudem einen Diabetes mellitus fest.  Die Eltern der Klägerin beantragten am 26.11.1996 die Gewährung von Pflegegeld  und teilten mit, es bestehe Hilfebedarf im Bereich der Ernährung, bei der  Überwachung des Blutzuckerspiegels und dem Spritzen von Insulin; die Pflege  erfolge durch die Mutter. Dr. S. und die Pflegefachkraft H. vom Medizinischen  Dienst der Krankenkassen (MDK) befanden in ihrem auf Veranlassung der  Beklagten erstellten Gutachten vom 10.4.1997 (Untersuchung der Klägerin vom  3.3.1997), es liege Pflegebedürftigkeit der Stufe I vor; allgemeine  Beaufsichtigung und auch Insulininjektionen müßten bei Feststellung des  Pflegebedarfs unberücksichtigt bleiben; bei diesen handle es sich um  Behandlungspflege, eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV);  eine Nachuntersuchung empfehle sich in 3 Jahren.

Die Beklagte entschied mit Bescheid vom 14.5.1997, die Kasse zahle vom  26.11.1996 bis zum 31.3.2000 Pflegegeld nach Pflegestufe I . Mit am 2.6.1997  erhobenem Widerspruch machten die früheren Bevollmächtigten der Klägerin  geltend, nach dem Urteil des Sozialgerichts (SG) Hamburg vom 27.6.1996 (S 23 P  63/95; vgl. Breithaupt 1997, 134) sei das Spritzen von Insulin einbezogen; das  Kind müsse auch ständig überwacht werden - daraufhin, ob die Insulingabe nicht  doch zu hoch oder zu niedrig ausgefallen sei; dann müßten sofort  Gegenmaßnahmen ergriffen werden; es sei daher Pflegegeld nach der Stufe II zu  gewähren. Nach Einholung einer Stellungnahme des MDK nach Lage der Akten  (Äußerung von Dr. M. vom 22.8.1997) wies die Widerspruchsstelle der Beklagten  den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.1.1998 zurück.

Die früheren Bevollmächtigten der Klägerin haben am 29.1.1998 Klage erhoben  und vorgetragen, es sei rund um die Uhr Überwachung erforderlich: dies werde  ein Sachverständigengutachten erweisen. Auf Anregung des SG haben die Eltern  der Klägerin ein Pflegetagebuch erstellt (für den Zeitraum vom 2. bis 8. Juni  1998 nebst Diät- und Nahrungsaufnahmeplan).

Mit Schreiben vom 7.10.1998 teilte die Leiterin des Evangelischen  Kindergartens V. dem SG mit, das Kind werde dort von 8 Uhr 30 bis 12 Uhr  betreut; die Mutter sei dann telefonisch zu erreichen; sie teile der  Kindergärtnerin morgens die gemessenen Blutzuckerwerte mit, die  Kindergärtnerin messe auch noch einmal und wähle für die Klägerin je nach Lage  von der Mutter mitgebrachte Nahrungsmittel aus.

Das SG hat Berichte von der Kinderklinik des .-süd Klinikums S. beigezogen  über stationäre Behandlungen der Klägerin vom 24.10. bis zum 11.11.1996 (wegen  des Diabetes) und vom 19. bis zum 22.11.1996 (wegen Asthma bronchiale). Auf  Rückfrage des SG hat die Leitende Ärztin der Klinik, G., nach Vordruck des SG  zeitliche Angaben zum Hilfebedarf der Klägerin aus ihrer Sicht gemacht. Der  Kinderarzt Dr. L. hat mit Befund- und Behandlungsbericht vom 7.12.1998  mitgeteilt, er behandle die Klägerin seit 1996; es erfolgten ein Hausbesuch  pro Jahr und regelmäßige Konsultationen. Frau Dr. R. vom MDK erklärte mit  Datum des 19.2.1999 zur Aktenlage, es ergäben sich keine neuen Erkenntnisse,  die Einstufung in Stufe I sei schlüssig und plausibel.

Mit Beweisanordnung vom 17.5.1999 hat das SG Frau .x J., Lehrerin für  Pflegeberufe und Pflegefachkraft aus B., zur Sachverständigen bestellt. Frau  J. hat die Klägerin am 8.8.1999 untersucht; sie ist in ihrem Gutachten vom  20.8.1999 und einer auf Rückfrage des SG vom 8.9.1999 erfolgten ergänzenden  Stellungnahme vom 14.10.1999 zu dem Ergebnis gelangt, bei einer tatsächlich  erforderlichen Grundpflege von täglich 226 min verbleibe ein Mehrbedarf an  Grundpflege gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind von 106 min.

Die Klägerin hat vor dem SG beantragt,

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