nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Befreiung von der Versicherungspflicht. Rentenversicherung. Selbstständige Krankengymnastin. Selbstständige Physiotherapeutin. Versicherungspflichtiger Arbeitnehmer. Anderweitige Absicherung. Invalidität. Beitragsrückgewähr. Beitragsbefreiung. Unfallversicherung. Unfall. Beitrag. Einkommensgerechte Beiträge. Versicherungsfreiheit. Stichtag 31.12.1998

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine anderweitige Versorgung i.S.d. § 231 Abs. 6 S. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 S. 1 Nr. 2 muss Leistungen für den Fall der Invalidität und des Erlebens des 60. oder eines höheren Lebensjahres vorsehen.

2. Ein Vertrag, der lediglich eine Beitragsrückgewähr mit Beitragsbefreiung bei Berufsunfähigkeit vorsieht, sichert nicht das Risiko der Invalidität ab. Auch eine Unvallversicherung bzw. Absicherung einer Berufsunfähigkeit nur im Fall eines Unfalls genügt nicht.

3. Zur Beurteilung, ob ein mindestens ebenso hoher monatlicher Beitrag (Prämienbeitrag) aufzuwenden ist, wie zur gesetzlichen Rentenversicherung sind die Regelungen für die Beitragszahlung Selbstständiger (§ 165 Abs. 1 SGB VI) heranzuziehen.

4. Wurde am 31.12.1998 eine versicherungsfreie selbstständige Tätigkeit ausgeübt, ist der Anwendungsbereich des § 231 Abs. 6 SGB VI nicht eröffnet. Eine erweiternde Auslegung des § 231 Abs. 6 SGB VI ist auch nicht aus verfassungerechtlichen Gründen geboten.

 

Normenkette

SGB VI § 231 Abs. 5-6, § 2 S. 1 Nrn. 1-2, 9-10, S. 2 Nr. 3, § 6 Abs. 1, § 165 Abs. 1, § 229a Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG Detmold (Entscheidung vom 20.11.2003; Aktenzeichen S 9 RA 5/03)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.11.2005; Aktenzeichen B 12 RA 13/04 R)

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 20.11.2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für ihre Tätigkeit als selbstständige Physiotherapeutin.

Die 1953 geborene Klägerin ist niederländische Staatsangehörige und gründete in der Bundesrepublik Deutschland durch Erwerb vom Praxisvorgänger am 01.09.1996 eine eigene Praxis für Physiotherapie und Massage. Ab dem 15.03.1998 beschäftigte die Klägerin in dieser Praxis Frau C S als Krankengymnastin und Physiotherapeutin im Angestelltenverhältnis (Arbeitsvertrag vom 01.12.1998), der sie zum 01.02.1999 wegen Patientenrückgangs kündigte (Kündigungsschreiben vom 15.01.1999). Für Frau S zahlte die Klägerin Beiträge zur Sozialversicherung. Das von Frau S bezogene beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt aufgrund der Beschäftigung bei der Klägerin lag für den Zeitraum vom 15.03. bis zum 31.12.1998 bei insgesamt 21.756,00 DM. Ab dem 12.10.1999 beschäftigte die Klägerin in ihrer Praxis eine geringfügig beschäftigte Aushilfe. Ausweislich des Bescheides über Einkommenssteuer für das Jahr 1999 erwirtschaftete die Klägerin 1999 aus Gewerbebetrieb Einkünfte im Höhe von 43.209,00 DM.

Am 30.07.2001 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen "Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Physiotherapeuten". Sie gab an, sie habe erst jetzt durch einen Artikel in einer Verbandszeitschrift erfahren, dass Physiotherapeuten pflichtversichert seien. Sie habe ihre Altersversorgung auf andere Weise geregelt, nämlich durch Abschluss einer Rentenversicherung bei der Lebensversicherung N, bezogen auf das 63. Lebensjahr mit einem Wahlrecht zur Kapitalabfindung zum Fälligkeitstag. Außerdem unterhalte sie bei der Berufsgenossenschaft in Hamburg eine Berufsunfähigkeitsversicherung im üblichen Rahmen. Aus einem früheren Anstellungsverhältnis in den Niederlanden habe sie im Übrigen Rentenanwartschaften in der niederländischen Rentenkasse aufgebaut. Ihrem Antrag fügte die Klägerin Unterlagen zu ihrer Leibrentenversicherung bei der Lebensversicherung N (Neuantrag vom 10.02.1998; Versicherungsbeginn 01.03.1998) und ihrer niederländischen Rentenversicherung bei. In einem Formantrag vom 27.08.2001 gab die Klägerin an, keine Zahlungen vom Arbeitsamt als Existenzgründerin bezogen zu haben, vielmehr den Praxiserwerb durch ein Existenzgründungsdarlehen (einer Bank) finanziert zu haben.

Mit Bescheid vom 28.01.2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für Selbständige für die Tätigkeit als Physiotherapeutin ab. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht sei nur möglich, wenn die Klägerin am 31.12.1998 eine nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI (oder § 229 a Abs. 1 SGB VI) versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit ausgeübt hätte. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Bei der von der Klägerin am 31.12.1998 ausgeübten selbständigen Tätigkeit handele es sich zwar grundsätzlich um eine von der Vorschrift des § 2 SGB VI erfasste selbständige Tätigkeit. Jedoch habe die Klägerin nicht der Versicherungspflicht unterlegen, weil sie zu diesem Zeitpunkt im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit als Physiotherapeutin einen ...

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