Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn eine Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis nach Weisungen erfolgt und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte und die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft gekennzeichnet.

2. Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob der Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht.

3. Ist mit dem Geschäftsführer ein festes Jahresgehalt vereinbart, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, besteht ein Anspruch auf Aufwendungsersatz für betrieblich bedingte Kosten und auf Erholungsurlaub in einem festgelegten Umfang, so sprechen solche Umstände für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Dies gilt erst recht bei einer bestehenden Eingliederung in den Betrieb und einer gegebenen Weisungsgebundenheit gegenüber den Gesellschaftern der GmbH.

4. Verfügt ein Gesellschafter-Geschäftsführer lediglich über einen 30-prozentigen Anteil am Stammkapital und nicht über eine umfassende Sperrminorität, so ist die Annahme einer selbständigen Tätigkeit ausgeschlossen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 17.10.2012 geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in dem Zeitraum vom 4.6.2007 bis zum 7.10.2009.

Die Klägerin ist als Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit notariellem Vertrag vom 9.6.1983 gegründet und am 12.10.1983 in das Handelsregister des Amtsgerichts D (HR B 000) eingetragen worden. Der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag der Klägerin enthielt zunächst auszugsweise folgende Regelungen:

"§ 1

Firma und Sitz

(1) Die Firma der Gesellschaft lautet: N und Partner Steuerberatungsgesellschaft mbH.

( ...).

§ 2

Gegenstand des Unternehmens

(1) Gegenstand des Unternehmens sind die für die Steuerberatungsgesellschaft gesetzlich und berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten gemäß § 33 i.V.m. § 57 Abs. 3 StBerG.

(2) Tätigkeiten, die mit dem Beruf des Steuerberaters nicht vereinbart sind, insbesondere gewerbliche Tätigkeiten i.S.v. § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG wie z.B. Handels- und Bankgeschäfte, sind ausgeschlossen.

( ...).

§ 5

Stammkapital und Stammeinlagen

(1) Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 50.00,00 DM ( ...).

(2) Von den Stammeinlagen übernehmen:

M N, Steuerberatung 49.000,00 DM

L N, Rechtsanwalt 1.000,00 DM

( ...)

§ 6

Halten und Übertragen von Geschäftsanteilen

(1) Gesellschafter dürfen ausschließlich Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer oder in der Gesellschaft tätige Personen, deren Tätigkeit als Geschäftsführer nach § 50 Abs. 3 StBerG genehmigt worden ist, sein (§ 50a Abs. 1 Nr. 3 StBerG).

(2) Anteile an der Gesellschaft dürfen nicht für Rechnung eines Dritten gehalten werden (§ 50a Abs. 1 Nr. 2 StBerG).

( ...).

§ 7 Geschäftsführung und Vertretung

Die Gesellschaft muss von Steuerberatern verantwortlich geführt werden (§ 32 Abs. 3 Satz 2 StBerG). Die Geschäftsführung ist zur umfassenden Tätigkeit für die Gesellschaft ermächtigt. Entgegenstehende Einschränkungen, insbesondere durch Dienst- oder Anstellungsverträge oder Gesellschafterbeschlüsse sind unwirksam. Die zustimmungspflichtigen Rechtsgeschäfte sind abschließend im Gesellschaftsvertrag geregelt.

(1) Geschäftsführung

a) Als Geschäftsführer sind Steuerberater zu bestellen (§ 50 Abs. 1 Satz 1 StBerG).

b) Neben Steuerberatern können auch Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer sowie, nach Genehmigung durch die für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde, besonders befähigte Personen mit einer anderen Ausbildung als in einer der in § 36 StBerG genannten Fachrichtungen als Geschäftsführer bestellt werden (§ 50 Abs. 2 und Abs. 3 StBerG).

( ...).

(2) Vertretung

a) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer.

Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft durch ihn allein vertreten.

Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem anderen Prokuristen vertreten. Abweichend davon kann die Gesellschafterversammlung Geschäftsführer...

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