Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücküberweisung von für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf dessen Konto überwiesenen Rentenleistungen durch das Geldinstitut bei durchgehend im Soll befindlichem Konto und Gewährung eines Dispositionskredits. Entreicherungseinwand

 

Orientierungssatz

1. Erfolgte die Rentenzahlung auf ein durchgehend im Soll befindliches Konto, das im gesamten Zeitraum bis zum Eingang der Rückforderung des Rentenversicherungsträgers keinen Stand aufwies, aufgrund dessen der Rückforderung aus den Vermögen des Versicherten bzw seiner Rechtsnachfolger hätte entsprochen werden können, so ist der anspruchsvernichtende Einwand der Entreicherung nach § 118 Abs 3 S 3 SGB 6 ausgeschlossen.

2. Ein vom Geldinstitut zu tragendes Risiko eines Verlustes entspringt der Bereitschaft der Kreditinstitute, durch Einräumung großzügiger und hochverzinslicher Überziehungsmöglichkeiten auch Kontenbelastungen zu erlauben, deren Ausgleich angesichts der Höhe der periodischen Eingänge auf dem belasteten Konto bei objektiver Betrachtung risikobehaftet ist (vgl LSG Essen vom 4.4.2005 - L 3 RA 34/04).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.11.2007; Aktenzeichen B 13 RJ 40/05 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.01.2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.209,75 Euro zu erstatten hat.

Der bei der Klägerin versicherte X. M. (im Folgenden: der Versicherte) bezog von der Klägerin eine Altersrente und eine Hinterbliebenenrente. Nach seinem Tod am 00.01.2004 wurden die Renten für den Monat Februar 2004 noch ausgezahlt. Es kam hierdurch zu einer Überzahlung in Höhe von insgesamt 1.209,75 Euro (1.144,66 Euro Versichertenrente und 65,09 Euro Hinterbliebenenrente). Mit Schreiben vom 18.02.2004 teilte die Beklagte auf das Rückforderungsbegehren des Rentenservice der Deutschen Post AG mit, sie könne die Rentenrückforderung nicht ausführen, da auf dem Konto kein Guthaben vorhanden sei. Auf Anfrage der Klägerin teilte die Beklagte weiter mit, der zurückgeforderte Betrag sei nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwendet worden. Das Konto habe sich sowohl im Zeitpunkt der Gutschrift der überzahlten Geldleistungen als auch bei Eingang der Rückforderung im Soll befunden. Zwischen der Gutschrift und dem Eingang der Rückforderung seien an den Sohn des Versicherten am 29.01.2004 900,00 Euro, am 30.01.2004 500,00 Euro und am 13.02.2004 20,00 Euro ausgezahlt worden.

Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 16.03.2004 nochmals auf, den Betrag in Höhe von 1.209,75 Euro zu erstatten. Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 23.03.2004 mit, sie könne die Rücküberweisung nicht durchführen, da bereits über die Beträge verfügt worden sei durch den Sohn des Versicherten. Aus den im Klageverfahren überreichten Kontoauszügen geht hervor, dass sich das Konto des Versicherten zum Zeitpunkt seines Todes am 00.01.2004 mit 2.652,77 Euro im Soll befand. Am 27.01.2004 befand sich das Konto weiterhin mit 2.394,66 Euro im Soll.

Am 29.01.2004 erfolgten vier Kontobewegungen:

eine Abhebung des Sohnes des Versicherten in Höhe von 900,00 Euro,

die Gutschrift der Hinterbliebenenrente in Höhe von 69,79 Euro,

eine weitere Gutschrift in Höhe von 118,00 Euro,

die Gutschrift der Versichertenrente in Höhe von 1.277,21 Euro.

Aufgrund dieser Kontobewegungen befand sich das Konto nach Verrechnung der Verfügungen und Gutschriften am 29.01.2004 mit 1.879,66 Euro im Soll. Am 31.01.2004 erfolgte eine weitere Abhebung des Sohnes des Versicherten in Höhe von 500,00 Euro. Das Konto befand sich daraufhin mit 2.379,66 Euro im Soll.

Am 05.02.2004 erfolgte eine Lastschrift der Telekom, die jedoch in der Folge zurück gebucht wurde. Am 13.02.2004 erfolgte erneut eine Abhebung des Sohnes des Versicherten in Höhe von 20,00 Euro, so dass sich das Konto zu diesem Zeitpunkt mit 2.399,66 Euro im Soll befand. Bei Eingang der Rentenrückforderung durch den Postrentendienst am 17.02.2004 befand sich das Konto weiter mit 2.399,66 Euro im Soll.

Am 04.06.2004 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Duisburg Leistungsklage erhoben. Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 25.08.2004 an das zuständige Sozialgericht Düsseldorf verwiesen.

Die Klägerin hat zur Begründung in ihrer Klage vorgetragen, die Beklagte sei zur Rücküberweisung der überzahlten Beträge gemäß § 118 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) verpflichtet. Dies gelte auch, wenn die Übertragung des Wertes der Geldleistung auf ein im Soll stehendes Konto erfolgt sei und das Vermögen des Inhabers bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise derart vermehrt worden sei, dass seine Schulden gegenüber dem Geldinstitut vermindert würden. Auch in diesen Fällen sei das Geldinstitut zur Erstattung verpflichtet. Die Beklagte...

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