Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. selbst genutztes Hausgrundstück mit 2 Wohnungen. unangemessene Größe. Berücksichtigung der Gesamtwohnfläche. Überlassung einer Wohnung an Verwandte bei getrenntem Haushalt

 

Orientierungssatz

Bei der Beurteilung der angemessenen Größe iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB 2 eines im Alleineigentum stehenden, selbst genutzten Hausgrundstücks ist auch dann die Gesamtwohnfläche (hier 129 qm) des Hauses und nicht nur die Fläche der selbst bewohnten Wohnung (hier 59 qm) zu berücksichtigen, wenn die zweite Wohnung Familienangehörigen überlassen wird, die nicht der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft angehören und deren Einbeziehung auch nicht durch gesetzgeberische Wertentscheidungen außerhalb des SGB 2 geboten ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.12.2013; Aktenzeichen B 14 AS 90/12 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.01.2012 wird zurückgewiesen.

Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin über geschütztes Grundeigentum i.S.v. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) verfügt.

Die am 00.00.1953 geborene und mittlerweile geschiedene Klägerin ist seit 2001 Alleineigentümerin eines Hausgrundstücks in O, Gemarkung C, Flur 00, Flurstück 00. Das Grundstück ist 471 qm groß. Darauf befindet sich eine 1963 erbaute, vollunterkellerte Doppelhaushälfte mit Wintergarten und Garage. Im Erd- und Dachgeschoss befinden sich eigene Wohneinheiten mit Küche und Bad. Die Erdgeschosswohnung hat eine Wohnfläche von 70 qm, die Dachgeschosswohnung eine Wohnfläche von 59 qm (zusammen 129 qm).

Das Hausgrundstück stand ursprünglich im Eigentum der Eltern der Klägerin, die die Wohnung im Erdgeschoss bewohnten. Die Klägerin bewohnte seinerzeit zusammen mit ihrem früheren Ehemann und ihrer Tochter das Dachgeschoss. 2001 übertrugen die Eltern der Klägerin dieser das Grundstück, wobei zur Bestimmung der Kosten des Grundbuchamts von einem Wert von 210.000 DM ausgegangen wurde. Nunmehr bewohnt die Klägerin das Dachgeschoss allein. Das Erdgeschoss wird von der Tochter der Klägerin, deren Ehemann und deren mittlerweile drei Kindern bewohnt.

Auf dem Grundstück lastet eine Grundschuld über 75.000 EUR, die der Sicherung eines von der Tochter der Klägerin und deren Ehemann Ende 2007 aufgenommenen Darlehens in Höhe von 75.000 EUR dient. Das Darlehen wird in monatlichen Raten von 495,63 EUR getilgt. Zum 31.12.2011 bestand die Darlehensforderung noch in Höhe von 65.073,46 EUR.

Bis zum 11.11.2008 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld. Am 20.10.2008 beantragte sie Leistungen nach dem SGB II. Sie gab an, es lägen getrennte Haushalte vor. Das Darlehen habe der Renovierung des Hauses gedient. Sie steuere zu dessen Tilgung 220 EUR monatlich bei. Das Haus befinde sich in einem "normalen" baulichen Zustand. Der Beklagte teilte der Klägerin mit, es kämen nur darlehensweise Leistungen in Betracht, worauf die Klägerin um einen Ablehnungsbescheid bat.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 09.01.2009 ab. Die Klägerin verfüge über verwertbares Vermögen. Darlehensweise Leistungen würden nicht begehrt. Hiergegen legte die Klägerin am 19.01.2009 Widerspruch ein. Es lebten fünf Personen im Haushalt, im Hinblick auf die das Haus durchaus als angemessen anzusehen sei. Der Kredit werde nunmehr allein von der Tochter und deren Ehemann bedient. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2009 zurück. Bei Bodenpreisen von nicht unter 120 EUR/qm in O habe allein das Grundstück einen Wert von 55.000 EUR.

Die Klägerin bezieht seit September 2009 ein monatliches Einkommen, von im Schnitt anfänglich gut 300 EUR, mittlerweile knapp 500 EUR. Auf die mit Schriftsatz des Bevollmächtigten der Klägerin vom 17.10.2012 eingereichte Aufstellung der Klägerin wird Bezug genommen.

Am 10.07.2009 hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie hat vorgetragen, das Haus sei verwohnt gewesen. Neben Renovierungsarbeiten seien die Haustür und die Heizungsanlage erneuert worden. Für die Frage, ob verwertbares Vermögen vorliege, sei allein ihre Wohnung in den Blick zu nehmen. Soweit auf das ganze Haus abgestellt werde, müsse der Gesamtfläche die Zahl aller Hausbewohner gegenübergestellt werden. Insofern werde Bezug genommen auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R. Durch die Überlassung der Wohnung finde jedenfalls eine Verwertung statt. Ein ähnliches Hausgrundstück auf der gegenüberliegenden Straßenseite, das bereits vollständig saniert gewesen sei, habe über einen Zeitraum von über fünf bis sechs Jahren nicht veräußert werden können. Zwischenzeitlich sei ihr vom Ehemann ihrer Tochter finanziell geholfen worden.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 09.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2009 aufzuheben und ihr Leistungen nach dem SGB II in ...

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