Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Beteiligtenfähigkeit der Arbeitsgemeinschaft. Unterkunft und Heizung. 18%iger Abschlag für Warmwasseraufbereitung

 

Orientierungssatz

1. Eine Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB 2 ist iS des § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Eine verfassungsrechtlich unzulässige Mischverwaltung besteht nicht.

2. In der Regelleistung nach § 20 SGB 2 ist auch ein Anteil für die Kosten der Warmwasseraufbereitung enthalten und dieser daher bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs 1 SGB 2 in Abzug zu bringen.

3. Ist eine dem individuellen Warmwasserverbrauch entsprechende Abrechnung im Vertragsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter nicht möglich, so ist gem § 9 Abs 3 S 5 HeizkostenV der Anteil für die Warmwasseraufbereitung mit 18% der Gesamtkosten zu veranschlagen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 27.01.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg) II nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Der 1962 geborene Kläger, der selbständiger Werbetechniker, Fotograf und Messebauer ist, bezog ab Januar 2005 Alg II. Am 01.07.2005 mietete er eine 58 qm große, mit Erdgasheizung einschließlich Warmwasseraufbereitung ausgestattete Wohnung an, für die eine monatliche Miete von 280,00 Euro zuzüglich 40,00 Euro Nebenkosten zu zahlen war. Nach der Abrechnungsmitteilung der Stadtwerke N vom 07.07.2005 wurde darüber hinaus ein monatlicher Abschlag für Erdgas in Höhe von 46,00 Euro erhoben.

Nachdem die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 22.07.2005 die monatlichen Leistungen für den Zeitraum von August 2005 bis Januar 2006 in Höhe von 685,50 Euro bewilligt hatte, half sie dem Widerspruch des Klägers bezogen auf einen höheren Heizkostenanteil mit Teilabhilfebescheid vom 31.08.2005 ab und setzte die Leistungen des Klägers für den genannten Bewilligungszeitraum mit Bescheid vom selben Tag in Höhe von monatlich 702,72 Euro fest. Neben dem Regelsatz in Höhe von 345,00 Euro berücksichtigte die Beklagte dabei die Miete in Höhe von 280,00 Euro, die Nebenkosten in Höhe von 40,00 Euro und Heizpauschale in Höhe von 46,00 Euro. Den weitergehenden Widerspruch bezogen auf die hiervon in Abzug gebrachte "Bereinigung Heizpauschale" von monatlich 8,28 Euro wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2005 als unbegründet zurück. Dabei bekräftigte sie ihre Auffassung, wonach die monatliche Heizvorauszahlung für Heizkosten um eine Pauschale von 18 % für die Warmwasserbereitung zu bereinigen sei, da diese Kosten bereits durch die Regelleistung abgegolten seien.

Der Kläger hat hiergegen am 20.10.2005 bei dem Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben. Zunächst hat er die Passivlegitimation der Beklagten gerügt und darauf verwiesen, dass die organisatorische Gestaltung einer sich aus einer Bundesbehörde und einer Kommunalbehörde zusammensetzenden dritten Behörde in Art. 83, 87 Grundgesetz (GG) nicht vorgesehen sei und zudem gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Mischverwaltung verstoße. Die Abschlagszahlung für Erdgas sei in voller Höhe zu übernehmen, da die Grundmiete und die Nebenkosten als angemessen anerkannt worden seien. Im Übrigen erscheine es willkürlich, unter Hinweis auf eine "allgemeine Erfahrung" einfach pauschal 18 % in Abzug zu bringen. Hierin sei ein Verstoß gegen Art. 3 GG zu sehen, der zur Nichtigkeit des Bescheides nach § 40 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) - führe.

Die Beklagte hat demgegenüber darauf verwiesen, zu den gemäß § 22 SGB II zu gewährenden angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten zählten nicht der Haushaltsstrom und die Warmwasserzubereitung. Diese seien in der Regelleistung enthalten. Der Abzug von 18 % sei auch nicht so hoch, da bei differenzierenden Abrechnungen Warmwasserkosten von bis zu 50 % der Heizkosten zu beobachten seien. Die beklagte Arbeitsgemeinschaft sei durch Vertrag vom 24.11.2004 gegründet worden. Gemäß § 1 des Vertrages handele es sich um eine Arbeitsgemeinschaft in Form einer Gesellschaft öffentlichen Rechts. Diese sei gemäß § 70 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beteiligtenfähig. Gemäß § 6 werde sie gerichtlich und außergerichtlich durch die Geschäftsführerin vertreten. Sie sei daher gemäß § 71 Abs. 3 SGG prozessfähig.

Durch Gerichtsbescheid vom 27.01.2006 hat das SG die Klage abgewiesen und sich den Gründen der angefochtenen Entscheidung der Beklagten angeschlossen.

Gegen den ihm am 31.01.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23.02.2006 die vom SG zugelassene Berufung eingelegt und seine formellen Bedenken bekräftigt. Soweit die Beklagte auf der Grundlage einer Rundverfügung den pauschalen Abzug für Warmwasserkosten vorgenommen habe, entfalte diese schon nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster keine Außenwirkun...

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