Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Dienstreise. mehrtägige Unterbrechung. eigenwirtschaftlicher Grund. Besuch der Ehefrau. Entgegennahme und Transport von Geschäftsware. gemischte Tätigkeit. Wegeunfall. innerer Zusammenhang. dritter Ort. Familienheimfahrt

 

Orientierungssatz

Ein Versicherter, der am Ende einer Dienstreise über das Wochenende zu seiner Frau fuhr, die ein Ein-Raum-Appartement an ihrem auswärtigen Arbeitsplatz angemietet hatte, steht auf der Heimreise zu der gemeinsamen Wohnung und seinem Arbeitsplatz nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, auch wenn er mit dem Dienstwagen vertraglich bestimmte Waren für seine Firma transportierte.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.10.2006; Aktenzeichen B 2 U 20/05 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 12. Februar 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Ehemann der Klägerin Dr. T. H. (Versicherter) bei seinem zum Tode führenden Verkehrsunfall am 30.01.2000 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand und der Klägerin deshalb Hinterbliebenenleistungen zustehen.

Der 1945 geborene Versicherte war seit Oktober 1996 Leiter der Entwicklungsabteilung für mechanische Fugentechnik bei der Firma B. Verbindungselemente (im Folgenden B.) GmbH mit Sitz in M. bei I. Die Klägerin war bis Ende 1999 bei der J. GmbH in I. beschäftigt. Beide bewohnten eine 84 qm große Wohnung in I. Mit Vertrag vom 27.12.1999 ging die Klägerin ein Arbeitsverhältnis ein mit der Firma J1 GmbH in Aachen. Geschäftsführer dieser Firma war der gemeinsame Sohn Y. H. Laut Arbeitsvertrag sollte sie bei einer achtstündigen wöchentlichen Arbeitszeit und einer Bruttovergütung von 3.000,- DM monatlich als Prüferin und Verpackerin von Waren tätig sein. Wegen dieser Beschäftigung bezog die Klägerin in Aachen ein Ein-Raum-Appartement. Die Firma J1 stand mit der Beschäftigungsfirma des Versicherten in geschäftlichen Beziehungen. Sie belieferte diese regelmäßig mit aus China importierten speziellen Werkzeugen, die in dem vom Versicherten eigenverantwortlich bearbeiteten Bereich Stanznieten/Clinching verwendet wurden.

Am 28.01.2000, einem Freitag, suchte der Versicherte die L. GmbH in S. zu einer geschäftlichen Besprechung auf. Die ca. 260 Km lange Wegstrecke nach S. legte er in einem Firmenfahrzeug zurück. Nach Ende des Geschäftstermins (ca. 15.00 Uhr) fuhr der Versicherte mit dem Dienstwagen nach Aachen über eine nach den unterschiedlichen Angaben der Beteiligten ca. 100 Km oder 70 Km lange Strecke. Dort verbrachte er das Wochenende mit seiner Frau. Am Sonntagnachmittag begab er sich auf den Heimweg. Zuvor hatte er sich von seinem ebenfalls in Aachen wohnhaften Sohn Y. H. ein Paket mit Spezialwerkzeugen im Wert von etwa 25.000,- DM aushändigen lassen, das die J1 GmbH zuvor zur Erfüllung eines mit der B. GmbH geschlossenen Vertrages aus China importiert hatte.

Kurz vor 20.00 Uhr verunglückte der Versicherte etwa 40 Km vor I. tödlich, als er auf der Bundesautobahn (BAB) 2 die linke von drei Fahrspuren befahrend einem kurz zuvor verunglückten, an der Mittelplanke stehenden Pkw ausweichen wollte und von der Fahrbahn geriet.

Im Zuge des anschließenden Feststellungsverfahrens teilte die Klägerin der Beklagten in einer Auskunft vom 30.5.2000 mit, sie halte sich seit dem 01.01.2000 ständig in Aachen auf. Bis zum Unfall ihres Mannes sei ein Umzug nach Aachen nicht geplant gewesen. Am 19.06.2000 teilte sie mit, die Wohnung in I. sei die gemeinsame eheliche Wohnung gewesen, in die sie sich später habe wieder zurückbegeben wollen. Wegen der Beschäftigung bei der J1 GmbH habe sie in Aachen ein Appartement bezogen. Ihr Verbleib in Aachen sei damals "auf keinen bestimmten Zeitpunkt festgelegt" gewesen. Sie und ihr Ehemann hätten sich wöchentlich besucht und entweder sei ihr Mann nach Aachen gekommen oder sie sei zurück nach I. in "unsere gemeinsame eheliche Wohnung" gefahren.

Der gemeinsame Sohn der Klägerin und des Versicherten Y. H. gab als Geschäftsführer der J1 GmbH an, die B. GmbH habe die Abholung des Werkzeugs durch den Verstorbenen vereinbart. Das Werkzeug im Wert von 24.638,40 DM habe sich in einem 10 kg schweren Paket mit den Abmessungen 300 mm x 350 mm x 310 mm befunden. Es habe sich um eine Eillieferung gehandelt, die mit dem Paketdienst nicht mehr zum gewünschten Termin hätte zugestellt werden können. Auch in der Vergangenheit habe der Versicherte regelmäßig Waren bei der J1 GmbH abgeholt. Die Kosten für den Pakettransport seien in den Preisen der Ware eingerechnet gewesen. Ihm sei jedoch mitgeteilt worden, dass sein Vater die Ware persönlich abholen wollte, weil aus Zeitgründen ein Versenden per Paketdienst nicht in Betracht gekommen sei (Auskünfte vom 30.05.2000 und 20.06.2000).

Die B. GmbH teilte der Beklagten mit, der Versicherte habe im Unfallwagen einen Karton mit speziellen Werkzeugen transp...

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