Entscheidungsstichwort (Thema)

Halbwaisenrente bei Unterhaltsanspruch gegen Adoptivelternteil

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Kind, das nach dem Tod eines leiblichen Elternteils von dem Ehegatten des anderen leiblichen Elternteils adoptiert worden ist, hat nach dem Tod auch dieses leiblichen Elternteils nur Anspruch auf Gewährung der höheren Halbwaisenrente.

Ein Anspruch auf Gewährung von Vollwaisenrente besteht nicht, da das Kind einen Unterhaltsanspruch gegen den Adoptivelternteil besitzt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin als adoptiertes Kind nach dem Tode ihrer leiblichen Eltern Anspruch auf Gewährung einer Vollwaisenrente oder aber von Halbwaisenrenten sowohl aus der Versicherung ihrer verstorbenen leiblichen Mutter als auch der Versicherung ihres verstorbenen leiblichen Vaters hat.

Die am 10.06.1982 geborene Klägerin ist das leibliche Kind der am 17.04.1947 geborenen und am 24.01.1983 verstorbenen Frau C F (Versicherte) und ihres am 29.07.1946 geborenen und am 05.05.1992 verstorbenen Ehemannes H F (Versicherter).

Durch Bescheid vom 20.06.1983 bewilligte die Beklagte der Klägerin Halbwaisenrente aus der Versicherung der C F ab 24.01.1983.

Am 23.03.1984 heiratete der Vater der Klägerin M L F; diese adoptierte die Klägerin (Beschluß des Amtsgerichts Krefeld vom 13.09.1991).

Auf den am 14.05.1992 - nach dem Tode ihres Vaters - gestellten Antrag auf Bewilligung einer Vollwaisenrente erteilte die Beklagte den Bescheid vom 23.09.1992: Die Klägerin erhalte anstelle der bisherigen Rente Halbwaisenrente, die am 01.06.1992 beginne und bis zum 30.06.2000 befristet sei. Unter der Rubrik "Mehrere Rentenansprüche" führte die Beklagte aus: "Für den Zeitraum, für den Anspruch auf mehrere Waisenrenten besteht, wird nur die höchste, bei gleich hohen Renten die zuerst beantragte Rente geleistet (89 Abs.3 SGB VI). Die bisherige Rente wird weiter geleistet. Für die Zeit vom 01.06.1992 bis 30.06.1992, ab 01.07.1992 ist die bisherige Waisenrente nicht zu leisten. Über die bereits bewilligte Waisenrente erhalten Sie noch einen gesonderten Bescheid."

Dagegen legte die Klägerin am 07.10.1992 Widerspruch ein, mit dem sie auf § 48 Abs.6 SGB VI hinwies; diese Vorschrift besage, so die Klägerin, daß der Anspruch auf Waisenrente nicht dadurch ende, daß die Waise als Kind angenommen werde.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch den Widerspruchsbescheid vom 28.01.1993 zurück: Es bestehe kein Anspruch auf Vollwaisenrente, weil die Klägerin durch die am 13.09.1991 genehmigte Adoption, obwohl beide leiblichen Elternteile verstorben seien, nicht den Status einer Vollwaise besitze. Gemäß § 89 Abs. 3 SGB VI sei nur die höhere Halbwaisenrente, nämlich die aus der Versicherung des am 05.05.1992 verstorbenen Vaters, zu zahlen.

Dagegen hat die Klägerin am 09.02.1993 Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben.

Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und weiter geltend gemacht: Sie wende sich (auch) gegen die Einstellung der Zahlung der Halbwaisenrente aus der Versicherung ihrer leiblichen Mutter; ihrer Ansicht nach habe sie zumindest Anspruch auf die Zahlung von Halbwaisenrenten aus den Versicherungen der beiden verstorbenen Elternteile.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.09.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.1993 zu verurteilen, seit dem 01.06.1992 an sie Vollwaisenrente aus der Versicherung des Herrn H F - Versicherungsnummer: ... - zu zahlen, hilfsweise die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.09.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.1993 zu verurteilen, seit dem 01.06.1992 an sie zusätzlich zur Halbwaisenrente aus der Versicherung ihres Vaters weiterhin Halbwaisenrente aus der Versicherung der Frau C F Versicherungsnummer: 53170447G523 - zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erwidert: Unter Beachtung der Vorschrift des § 1755 Abs.1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bzw. des § 48 Abs. 6 SGB VI sei die Halbwaisenrente trotz erfolgter Adoption weiter gezahlt worden. Die Klägerin sei Halbwaise, solange noch ein Adoptiv-Elternteil lebe. Vollwaise sei die Klägerin erst dann, wenn auch kein Adoptiv-Elternteil mehr existiere. Gemäß § 89 Abs.3 SGB VI sei nur die höchste Halbwaisenrente zu zahlen.

Durch Urteil vom 28.07.1994 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.09.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.1993 verurteilt, seit dem 01.06.1992 an die Klägerin zusätzlich zur Halbwaisenrente aus der Versicherung ihres Vaters weiterhin Halbwaisenrente aus der Versicherung der Frau C F - ... - zu zahlen. Im übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.

Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das ihr am 04.11.1994 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25.11.1994 Berufung eingelegt.

Zur Begründung trägt sie vor: Das Sozialgericht habe übersehen, daß § 48 Abs.6 SGB VI bzw. § 44 Abs.3 AVG...

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